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change Magazin – Das Magazin der Bertelsmann Stiftung

Generation Boomer: 12 Fakten, die überraschen

Im Mittelpunkt steht eine ältere Frau mit langen grauen Haaren und runder Brille, die einen roten Schal und eine braun-beige Jacke mit Schlangenmuster trägt. Sie lächelt und schaut zur Seite vor einem leuchtend roten Hintergrund.
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Jacob Lund - stock.adobe.com

12 Gründe, warum die Babyboomer mehr als nur ein „Ok, Boomer“ verdienen

  • Jacob Lund - stock.adobe.com
  • 19. September 2025

Die Babyboomer haben weitaus mehr zu bieten, als all die Internet-Memes vermuten lassen. Sie waren in ihrer Jugend Rebell:innen, haben soziale Bewegungen angestoßen und die Arbeitswelt der heutigen Zeit geprägt. change kennt elf Gründe, warum die Boomer nicht nur unsere Geschichte mitgeschrieben, sondern auch unsere Gegenwart entscheidend mitgestaltet haben.

Kaum eine Generation musste sich so oft neu erfinden wie die Babyboomer. Vom Wirtschaftswunder über Wiedervereinigung und Globalisierung bis hin zur digitalen Revolution: Immer wieder standen sie vor Veränderungen, die ihren Alltag und ihre Werte herausforderten. Heute balancieren viele zwischen vertrauten Traditionen und neuen Technologien. Aber auch Menschen wie Angela Merkel in der Politik, Herbert Grönemeyer in der Musik und Kultur oder Unternehmer:innen wie Hasso Plattner und Susanne Klatten zeigen, wie prägend diese Generation für alle späteren Generationen war und immer noch ist. Das macht die Babyboomer zu einer Generation, die mehr Aufmerksamkeit verdient. Wir schauen uns an, warum sie eine so wichtige Rolle in unserer Gesellschaft spielen.

Wer sind die (Baby-)Boomer?

Die Generation der Babyboomer umfasst Menschen, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurden. Sie sind in einer Zeit aufgewachsen, in der sich die Welt rasant veränderte: Wirtschaftswunder, Kalter Krieg, soziale Bewegungen und technologische Fortschritte prägten ihr Leben. In Deutschland gehören sie zu den geburtenstärksten Jahrgängen. Daher auch der Name „Babyboomer“. Heute sind sie zwischen 60 und 80 Jahre alt und gehören damit zu einer der größten Altersgruppen in unserer Gesellschaft. Allein dadurch haben die Boomer die Politik, den Arbeitsmarkt, die Konsumkultur und sogar die Medienlandschaft jahrzehntelang entscheidend geprägt.


1. Mutig, laut, unangepasst: Die Jugend der Babyboomer 

In ihrer Jugend waren die Boomer echte Rebell:innen. Sie stellten Regeln infrage, probierten neue Musikstile, verrückte Mode und neue Lebensideen aus. Rock ’n’ Roll dröhnte aus den Radios, Plattenläden und Tanzflächen wurden zu Treffpunkten für Experimente, Protest und Selbstentfaltung. Gleichzeitig wuchs das Bewusstsein für die unsichere Welt draußen. Politische Konflikte, Ölkrise und der Vietnamkrieg prägten ihre Kindheit und Jugend. So schwankten viele später zwischen persönlicher Rebellion und politischem Engagement. 

2. Moderne Denkanstöße schon vor Jahrzehnten 

Auch wenn Babyboomer heute oft als konservativ abgestempelt werden, war ihre Generation schon früh ein Motor für moderne Denkansätze. Ob Proteste gegen den Vietnamkrieg, die 68er-Bewegung mit ihrem Aufbruch für mehr Freiheit und Selbstbestimmung  oder die Anfänge der Umweltbewegung: Viele dieser Impulse gehen auf die Boomer zurück. Werte wie Gleichberechtigung, kritisches Denken und gesellschaftliches Engagement wurden in dieser Generation stark verankert. Damit haben die Babyboomer nicht nur ihre eigene Zeit geprägt, sondern auch wichtige Grundlagen für die heutige offene und vielfältige Gesellschaft geschaffen. 

3. Neue Horizonte für eine alte Generation 

Die 1990er waren für viele Babyboomer eine Zeit des Umbruchs und der neuen Möglichkeiten. Mit der deutschen Wiedervereinigung öffnete sich plötzlich ein Blick nach Osten. Politische und gesellschaftliche Veränderungen, neue Nachbar:innen, neue Chancen. Gleichzeitig beschleunigte die Globalisierung den Alltag: Märkte, Kommunikation und Technik entwickelten sich rasant, internationale Kontakte wurden alltäglich.  

Dieses Muster, sich auf Veränderungen einzustellen, Altes zu hinterfragen und Neues zu nutzen, zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Leben der Babyboomer. 
 


4. Gen Z ist faul und Boomer sind fleißig? 

Das Bild vom unermüdlichen Boomer, der Tag und Nacht arbeitet und sein Leben dem Job opfert, hält sich hartnäckig und stimmt zumindest teilweise. Die Babyboomer gelten tatsächlich als besonders diszipliniert, leistungsorientiert und loyal. Viele haben ihr gesamtes Berufsleben bei einer einzigen Firma verbracht. Laut Studien können sich 44 Prozent der Boomer kurz vor der Rente keinen Jobwechsel mehr vorstellen. Doch sie sind nicht nur Workaholics. Familie, Partnerschaft und persönliche Sicherheit spielen für sie eine mindestens genauso große Rolle. Die Karriere stand lange im Vordergrund, aber spätestens im Ruhestand oder in den letzten Berufsjahren gewinnt die Work-Life-Balance für sie an Bedeutung. 

Wenn Boomer der Generation Z Faulheit und mangelnden Ehrgeiz vorwerfen, spiegelt das eher den klassischen Generationenkonflikt wider. Denn auch die Boomer sind nicht alle Workaholics. 

5. Analog sozialisiert, aber digital aktiv 

Die Generation Z lacht oft über „digitale Analphabeten“. Doch so einfach ist es nicht. Die Babyboomer sind mit Zeitungen, Radio und Fernsehen groß geworden. Diese klassischen Medien prägen sie bis heute. Rund die Hälfte der 55- bis 75-Jährigen greift mindestens einmal pro Woche zu einem gedruckten Buch oder einer Zeitung. E-Books sind dagegen weniger gefragt, nur 20 Prozent lesen sie regelmäßig. Aber: Die Vorstellung, dass Boomer nichts mit digitalen Medien anfangen können, ist überholt. 94 Prozent besitzen heute ein Smartphone, und 62 Prozent kaufen mindestens einmal im Monat online.  

Wo es Unterschiede gibt, ist bei der Medienkompetenz: Viele Boomer fühlen sich unsicher, wenn es darum geht, Fake News zu erkennen oder Quellen zu prüfen. Sie sind also online unterwegs, nur eben vorsichtiger und zurückhaltender. 

6. Vom linearen Programm zur Spotify-Playlist 

Radio und TV spielen tatsächlich eine große Rolle für Boomer: 82 Prozent der Boomer hören mindestens einmal pro Woche Radio – und 38 Prozent sogar mehr als eine Stunde täglich. Fernsehen bleibt ihre wichtigste Quelle für aktuelle Nachrichten, fast die Hälfte nutzt das TV-Programm, um informiert zu bleiben. Aber das bedeutet nicht, dass Babyboomer bei Spotify & Co. völlig abgehängt sind. Fast jede:r Vierte hört täglich Musik über eine Streamingplattform wie Spotify. Podcasts und Online-Audionachrichten sind zwar noch Nischenprodukte für sie, aber sie gewinnen langsam an Bedeutung. Die Wahrheit liegt also in der Mitte: Die Boomer lieben ihre traditionellen Medien, kombinieren diese aber zunehmend mit digitalen Angeboten.
 


7. „Ok, Boomer“: Woher kommt das Meme? 

Jede:r kennt den Spruch, der im Internet viral ging: „Ok, Boomer“. Vor allem Millennials und die Generation Z nutzen ihn, um auf Aussagen älterer Menschen zu reagieren, die sie altmodisch, bevormundend oder einfach weltfremd finden. Doch das Meme ist mehr als nur ein lustiger Spruch. 

„Ok, Boomer“ zeigt, wie unterschiedlich Lebenswelten, Werte und Prioritäten von Jung und Alt sein können. Gleichzeitig ist es ein Mittel für junge Menschen, sich Gehör zu verschaffen und ihre Sicht auf veraltete Denkweisen auszudrücken. Vor allem aber zeigt das Meme, wie die jüngere Generation die Älteren manchmal wahrnimmt – durchaus ein wenig klischeehaft. 

8. Boomer haben Angst vor Digitalisierung? 

Viele stellen sich die Babyboomer als Technik-Verweigernde vor, die digitale Trends grundsätzlich ablehnen. Das stimmt so nicht. 44 Prozent sehen die Digitalisierung als Erleichterung im Alltag, und genauso viele sagen, dass es sowohl Vorteile als auch Nachteile gibt. Nur 12 Prozent empfinden die Digitalisierung als Belastung. Meist, weil ihnen der persönliche Kontakt in der Kommunikation fehlt. Onlinebanking und Onlineshopping gehören für die meisten längst zum Alltag. Bei Mobile Payment vor Ort ist die Skepsis allerdings groß: Nur 6 Prozent nutzen das Smartphone zum Bezahlen, die Mehrheit setzt lieber auf Bargeld oder die Bankkarte.  

Für die Boomer ist Datenschutz ein großes Thema: 96 Prozent von ihnen achten streng darauf, nur so viele persönliche Informationen preiszugeben, wie unbedingt nötig sind.
 

Eine Frau stöbert in einem Second-Hand-Laden.

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9. Reisen, Kultur, Marken: Boomer konsumieren (bewusst) 

Die ersten Babyboomer wurden mitten ins Wirtschaftswunder hineingeboren. Viele Familien erlebten zum ersten Mal Wohlstand, Urlaubsreisen und neue Konsumgüter wie Fernseher oder Autos. Sicherheit und Stabilität standen dabei im Vordergrund. Diese Werte begleiten viele Boomer bis heute. 

Daher ist es kaum verwunderlich, dass sie heute zu den wichtigsten Konsumgruppen in Deutschland gehören. Über 50 Prozent aller privaten Konsumausgaben werden von Menschen über 55 Jahren getätigt. Besonders beliebt sind Reisen, Kulturveranstaltungen, Shopping und Handwerksarbeiten am eigenen Haus oder Garten. Online kaufen sie am liebsten Bekleidung, Elektronik und Medien wie Bücher und Filme. Ihre Kaufentscheidungen treffen Boomer mit Bedacht: Sie achten auf Qualität, auf den Preis und auf Sicherheit. Nachhaltigkeit spielt ebenfalls eine größere Rolle: 60 Prozent kaufen bewusst regional ein. 

10. Boomer in Ost und West: ein Jahrgang, zwei Welten 

Nicht alle Boomer sind unter den gleichen Umständen aufgewachsen. Während westdeutsche Boomer den Wohlstand des Wirtschaftswunders, gesellschaftliche Umbrüche und neue Freiheiten erlebten, wuchs die ostdeutsche Generation in einem sozialistischen System auf – mit Mangelwirtschaft, staatlicher Kontrolle und begrenzten Möglichkeiten.  
 
Die Wiedervereinigung 1989/90 bedeutete für viele Ost-Boomer einen tiefen Einschnitt: Berufe verschwanden, ganze Lebenswege brachen ab, Werte und Gewissheiten wurden in Frage gestellt. Sie mussten nicht nur anpassen und Neues lernen, sondern häufig ihre Biografie neu erfinden 

Kein Wunder also, dass Unterschiede zwischen Ost und West bis heute spürbar sind, sei es im Lebensstil, in Konsumgewohnheiten oder in politischen Einstellungen.
 

Eine Frau mit Brille schaut konzentriert auf einen großen, transparenten Bildschirm mit futuristischer Benutzeroberfläche.

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11. Boomer im digitalen Dschungel 

Boomer haben es aber nicht immer so leicht: Ohne digitale Medien aufgewachsen, finden sie sich plötzlich zwischen ChatGPT, Face ID und Onlinebanking wieder. Trotzdem sind viele offen für neue Technologien, solange sie den Alltag erleichtern. Kontaktloses Bezahlen per Karte und biometrische Authentifizierung nutzen mehr als die Hälfte. Auch bei künstlicher Intelligenz sind sie neugierig: Vor allem jüngere Boomer und Berufstätige haben bereits erste Erfahrungen mit ChatGPT gesammelt.  

Das Problem liegt also weniger am „Wollen“ als am „Können“. Viele ältere Boomer fühlen sich unsicher im Umgang mit neuen Technologien und wünschen sich verständliche Erklärungen oder persönliche Ansprechpartner:innen. Mit der richtigen Unterstützung könnten sie deutlich stärker für neue Tools begeistert werden. 

12. Boomer zwischen Stabilität und Sorge 

Boomer wirken auf den ersten Blick, als hätten sie alles unter Kontrolle. Sie haben ein relativ hohes Wohlstandsniveau, sind finanziell abgesichert und scheinen damit sorgenfrei zu sein. In Wahrheit drehen sich ihre Wünsche jedoch um Gesundheit, Sicherheit und Stabilität. Gleichzeitig machen ihnen Themen wie Krieg und Inflation zu schaffen und auch das Thema Altersarmut beschäftigt sie. Während jüngere Generationen bei diesen Themen oft auf ihre persönliche Lage achten, blicken Boomer eher auf die großen Krisen der Welt, auch mit Blick auf ihre Enkel. 

Jede Generation trägt ihren Teil zum Miteinander in unserer Gesellschaft bei. Mit dem Projekt „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ zeigt die Bertelsmann Stiftung, wie sich Zusammenhalt messen, greifbar machen und dadurch gezielt stärken lässt.