Echte Digital Natives: So tickt die Generation Alpha
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- 14. November 2025
Wenn über junge Menschen gesprochen wird, fällt meist der Begriff „Gen Z”. Doch auch die Generation Alpha wächst heran – und wird gerne übersehen. Wir schauen uns an, wie die „ersten echten Digital Natives“ wirklich ticken.
Junge Menschen seien sorgenfrei und verwöhnt, hört man immer wieder. Doch stimmt das tatsächlich? Große Einschränkungen während der Corona-Pandemie in der Schulzeit, Zukunftsängste aufgrund des demografischen Wandels und der ständige Druck zur Selbstoptimierung prägen ihren Alltag. Kaum eine Generation ist so sehr mit sozialem Druck, hohen Erwartungen und digitalen Einflüssen aufgewachsen. Diese Jugend vergleicht sich von klein auf mit anderen und muss früh lernen, in einer komplexen Welt ihren Platz zu finden.
Wer sind die Alphas?
Zur Generation Alpha gehören Kinder, die zwischen 2010 und 2024 geboren wurden. Damit ist sie die Vorgängergeneration der Generation Beta und die Nachfolgegeneration der Generation Z. Sie leben von klein auf in einer Welt, die digital, global und immer vernetzt ist. Tablets, Smartphones, Streamingdienste und soziale Medien sind für sie selbstverständlich. Ihre Eltern gehören meist zur Generation Y (Millennials).
Digital Natives: Eine Generation ohne Offline-Modus
Jugendforscher Simon Schnetzer bezeichnet die Generation Alpha als „die ersten echten Digital Natives”. Während die meisten Eltern der Generation Alpha, Angehörige der Generation Y, die ersten waren, die mit dem Internet aufgewachsen sind, kennen ihre Kinder eine Welt ohne digitale Vernetzung gar nicht mehr.
Tablets ersetzen das Bilderbuch, Smartphones den Fernseher und Sprachassistent:innen wie Alexa oder Siri werden zur persönlichen Assistentin, schon im Kinderzimmer. Bereits als Kleinkinder lernen sie intuitiv, durch Wischen und Tippen Informationen abzurufen. Doch genau hier liegt auch die Herausforderung: Die ständige Erreichbarkeit, die Reizüberflutung und die Abhängigkeit von digitalen Medien prägen das Verhalten, die Aufmerksamkeit und die emotionale Entwicklung dieser Kinder. Pädagog:innen berichten, dass viele Kinder immer später sprechen, weniger Ausdauer zeigen und Probleme damit haben, sich allein zu beschäftigen.
Der Optimierungswahn beginnt im Kinderzimmer
17 Prozent der 6- bis 9-Jährigen besitzen ein eigenes Smartphone. Bei den 10- bis 12-Jährigen sind es 76 Prozent und in der Altersgruppe der 13- bis 15-Jährigen sogar 90 Prozent. Ist das Smartphone erst einmal vorhanden, folgt in der Regel schnell die Installation von Apps wie Instagram, Snapchat und TikTok. In den sozialen Medien trifft die Generation Alpha täglich auf eine scheinbar perfekte Welt: Influencer:innen mit makellosen Gesichtern, sportlichen Körpern, dem „optimalen“ Ernährungsplan mit Supplements und Designerklamotten.
Schon Grundschulkinder vergleichen sich mit Influencer:innen. Wer in der Pubertät allein im Kinderzimmer sitzt und durch die sozialen Medien scrollt, beginnt schnell, an sich selbst zu zweifeln. Denn Kinder möchten dazugehören, schöner, erfolgreicher und beliebter sein. Dabei geht es nicht mehr nur um Likes, sondern um Selbstwert und Identität. Der Wunsch, mithalten zu können, führt zu Dauerstress bis hin zum Optimierungswahn.
Lockdowns, Online-Unterricht und Einsamkeit
Die Generation Alpha ist neben der jüngeren Gen Z die erste, die ihre Kindheit teilweise unter den Bedingungen einer globalen Pandemie erlebt. Lockdowns, Schulschließungen und der eingeschränkte soziale Kontakt prägten viele Kinder in entscheidenden Entwicklungsphasen. Online-Unterricht und Videokonferenzen wurden zur Normalität, was ihre digitale Kompetenz zwar gestärkt hat, gleichzeitig aber soziale Fähigkeiten und emotionale Resilienz auf die Probe stellte. Ein Großteil junger Menschen hat sich durch Corona stark belastet gefühlt. Noch heute haben viele junge Menschen mit dem Gefühl von Einsamkeit zu kämpfen.
Generation Alpha und die digitale Bildung
Das digitale Klassenzimmer wird in deutschen Schulen nur langsam Realität: Zwar setzen immer mehr Lehrkräfte digitale Medien im Unterricht ein, doch die Ausstattung der Schulen ist oft uneinheitlich. Durch künstliche Intelligenz, Deepfakes und die Zunahme von Desinformationen im Internet gewinnt Medienkompetenz immer stärke an Bedeutung. Kinder und Jugendliche sollen lernen, Informationen kritisch zu bewerten, Apps reflektiert zu nutzen und eigene digitale Inhalte bewusst zu gestalten. Solche Inhalte in den Lehrplan aufzunehmen, ist angesichts des Lehrer:innenmangels allerdings schwer umzusetzen.
Cybermobbing in der Generation Alpha: digital, allgegenwärtig, verborgen
Für die Gen Alpha ist Cybermobbing zu einem ernsthaften Problem geworden. Insbesondere auf Plattformen wie WhatsApp und TikTok werden Jugendliche Opfer von Beleidigungen und Falschinformationen. Solche Erfahrungen prägen das Selbstbewusstsein, die soziale Kompetenz und das Vertrauen in die digitale Kommunikation oft langfristig. Schulen, Eltern und Unternehmen sind daher aufgefordert, aktiv gegenzusteuern, etwa durch Workshops zu digitalem Verhalten, Konfliktmanagement und einem offenen Umgang. Heute sind Konflikte vielschichtig: Wo früher die Pausenaufsicht beobachten konnte, wenn eine Gruppe von Schüler:innen auf jemanden losging, passiert es heute still und heimlich auf dem Smartphone.
KI in der Lebenswelt der Generation Alpha
Die älteren Mitglieder der Generation Alpha nutzt KI bereits im Alltag, sei es beim Lernen, in den sozialen Medien oder in der Freizeit. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen verwendet KI, um Informationen zu recherchieren oder sich komplexe Themen erklären zu lassen. Dabei sind ihnen sowohl die Chancen als auch die Risiken, wie Manipulation oder Falschinformationen, bekannt. Internationale Unterschiede zeigen, dass digitale Bildung und ethische Aufklärung entscheidend sind, damit junge Menschen KI nicht nur anwenden, sondern auch verantwortungsvoll nutzen können.
Der Generationenvertrag als frühe Verantwortung
Die Gen Alpha wird den demografischen Wandel am stärksten spüren. Während ihre Großeltern, die Babyboomer, in Rente gehen, gerät das soziale System unter Druck. Finanzielle Bildung, Eigenverantwortung und Sparkompetenz sind daher für sie wichtiger denn je. Schon heute plädieren Expert:innen dafür, Kinder frühzeitig mit Themen wie Geld und Selbstorganisation vertraut zu machen. Doch nicht alle haben die Mittel, privat vorzusorgen. Damit ist das Thema „Rente” mittlerweile zu einem echten Generationenkonflikt geworden, bei dem junge Menschen das Gefühl haben, zu kurz zu kommen.
Die übersehene Generation
Obwohl die Generation Alpha die Gesellschaft von morgen prägen wird, sind sie noch nicht wahlberechtigt. Dadurch bleiben ihre Interessen und Sorgen oft ungehört. Politische Entscheidungen werden über ihre Köpfe hinweg getroffen, es entsteht ein Konflikt zwischen Verantwortung und eingeschränktem Mitspracherecht.
Die Ergebnisse der U18-Bundestagswahl 2025 zeigen eine deutliche Zersplitterung: Unter den jungen Wähler:innen gibt es keine klare Mehrheit, stattdessen verteilen sich die Stimmen zu ähnlichen Teilen auf mehrere Parteien. Dies spiegelt die politische Vielfalt der Generation Alpha wider und macht deutlich wie unterschiedlich sie scheinbar tickt.
Blick in die Zukunft: Die Generation Alpha in der Arbeitswelt
Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass in Deutschland bis 2028 rund 768.000 Fachkräfte fehlen werden. Das ist eine direkte Folge des demografischen Wandels. Für die Generation Alpha, die künftig diese Lücke füllen muss, bedeutet das einen erheblichen Druck und hohe Erwartungen. Gleichzeitig befindet sich die Arbeitswelt in einem tiefgreifenden Wandel: zwischen Künstlicher Intelligenz, Remote Work, mehr Nachhaltigkeit und Diversität verändert sich unsere Art zu Arbeiten für immer. Für die Gen Alpha ist dieser Wandel Normalität, sie wächst damit auf und hat deshalb beste Voraussetzungen, die anstehenden Herausforderungen der nächsten Jahre erfolgreich zu bewältigen.
Mit prägenden Momenten, mehr Gemeinschaft und Entwicklungspotenzialen setzen sich auch die Expert:innen der Bertelsmann Stiftung im Projekt „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ auseinander. Schau vorbei, wenn du dich für aktuelle Trends und Analysen interessierst!




