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change Magazin – Das Magazin der Bertelsmann Stiftung

Equal Care Day: Wir müssen Care-Arbeit gerechter aufteilen

Eine Frau und ein Mann stehen gemeinsam am Herd Soroush Karimi - unsplash.com/license

change feiert ... Equal Care Day!

  • Soroush Karimi - unsplash.com/license
  • 1. März 2022 | aktualisiert: 27. Januar 2023

Am 1. März 2023 ist Equal Care Day. Ein Grund zu feiern? Warum gibt es diesen Tag und was verstehen wir unter Care-Arbeit oder zu deutsch Sorgearbeit? change gibt Antworten auf diese Fragen und zeigt, warum wir Sorgearbeit fairer zwischen Frauen und Männern aufteilen müssen.

Denk mal kurz nach: Wer erledigt bei dir zu Hause hauptsächlich das Kochen, Putzen, Waschen und Blumengießen? Egal ob du das selbst machst oder dir die Arbeit mit Mitbewohner:in oder Partner:in teilst, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass auch bei dir zu Hause ein Großteil der Haushaltsaufgaben von Frauen erledigt wird.

Gender Care Gap: Eine Lücke klafft zwischen den Geschlechtern

In Deutschland übernehmen Frauen 80 Prozent der Sorgearbeit, zu der neben dem Aufziehen von Kindern alles rund um die Haushaltsführung gehört. Männer dagegen erledigen nur 20 Prozent der Care-Arbeit. Diese Lücke bezeichnet man als Gender Care Gap. Sie zeigt deutlich, dass auch im 21. Jahrhundert alles, was mit Fürsorge, Pflege und Haushalt zu tun hat – also Arbeit, bei der es darum geht, sich um Menschen zu kümmern – noch immer als Frauendomäne angesehen wird.
 


Un(ter)bezahlt jahrelang arbeiten: Das Dilemma der Care-Arbeit

Für Frauen ist das kein guter Deal, der Großteil der Sorgearbeit wird gar nicht oder nur sehr schlecht bezahlt. Denn zur Care-Arbeit zählen nicht nur Tätigkeiten im eigenen Haushalt. Unter den Begriff fällt auch der Pflegesektor als Berufszweig, in dem hauptsächlich Frauen für geringen Lohn arbeiten. Und genau hier liegt das Dilemma der Care-Arbeit: Un(ter)bezahlt oder nicht, irgendjemand muss die Arbeit machen, darauf sind wir alle angewiesen. Warum ist sie uns trotzdem so wenig wert? Für die Frauen geht es dabei nicht nur um Mehrarbeit und die damit verbundene Belastung. Viele von ihnen arbeiten in Teilzeit oder geben ihre Jobs ganz auf und begeben sich damit in finanzielle Abhängigkeit. Ähnliches gilt für Frauen, die in Pflegeberufen arbeiten: Sie schuften jahrelang in schlecht bezahlten, oft körperlich und seelisch sehr anstrengenden Jobs, können sich aber trotzdem nur einen geringen Lebensstandard leisten. Vielfach führt das zu chronischen Erkrankungen oder Burn-out.
 

Das Foto zeigt eine Szene im Homeoffice: Eine Frau schaut fröhlich auf den Bildschirm ihres Laptops, während sie an einem Call teilnimmt. Im Hintergrund hängen Post-its und Zettel an einer Pinnwand.

Homeoffice ist das Beste, was uns je passiert ist. Oder?


Unsichtbar wie die Care-Arbeit: Der Equal Care Day am Schalttag

Mit dem Equal Care Day wollen die Initiator:innen Almut Schnerring und Sascha Verlan einmal im Jahr an diesen Missstand erinnern. Herausgesucht haben sie sich dafür den 29. Februar, der nur in Schaltjahren alle vier Jahre vorkommt. Damit ist er ähnlich unsichtbar wie die Sorgearbeit. In den Jahren, die keine Schaltjahre sind (beispielsweise 2023) fällt der Equal Care Day dann auf den 1. März.

Auch ein Teil der Care-Arbeit: Der Mental Load

Zur Sorgearbeit zählen die Organisator:innen des Equal Care Days auch den Mental Load. Damit ist die psychische Belastung gemeint, die entsteht, wenn wir uns um Menschen kümmern. Es reicht beispielsweise nicht, das Kind einfach nur ins Auto zu setzen und mit ihm zur Zahnklinik zu fahren. Wir müssen auch daran denken, regelmäßig hinzugehen, neue Termine auszumachen und den eigenen Alltag und den des Kindes so zu organisieren, dass nichts mit diesem Termin kollidiert. Diese „Last der Verantwortung“ ist wichtiger Bestandteil der Fürsorgearbeit, der am wenigsten gesehen wird.

Eine Mutter mit ihrem Kind.

Was kostet es, Mutter zu sein?


Kinder machen Frauen arm: Die Motherhood Lifetime Penalty

Die meiste unbezahlte Care-Arbeit erledigen in Deutschland Frauen mit Kindern. Sie kümmern sich im Schnitt 5,2 Stunden pro Tag um Haushalt und Familie. Männer beteiligen sich dagegen nur mit durchschnittlich 2,3 Stunden pro Tag an der Sorgearbeit. Das ist für Frauen mit Kindern nicht nur eine große Belastung, sondern kann auch zu Altersarmut führen. Sie verdienen in ihrem Leben im Schnitt 50 Prozent weniger als Männer, weil viele von ihnen zu Hause bei den Kindern bleiben oder nur in Teilzeit arbeiten gehen, damit genug Zeit für die unbezahlte Sorgearbeit bleibt. Der Fachbegriff für diese Ungerechtigkeit ist Motherhood Lifetime Penalty. Zum Vergleich: Der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen ohne Kinder ist viel geringer. In Westdeutschland beträgt er zwölf, in Ostdeutschland nur vier Prozent.

Es braucht ein Umdenken in der Arbeitsteilung

Der Equal Care Day ist weniger ein Grund zu feiern als vielmehr eine Erinnerung daran, wie weit wir von wirklicher Gleichstellung zwischen den Geschlechtern entfernt sind. Und dass es dringend Reformen und ein Umdenken in der Arbeitsteilung braucht, damit alle gut leben können.

Auch die Bertelsmann Stiftung setzt sich für Geschlechtergerechtigkeit ein und macht Vorschläge zur gerechteren Verteilung von Erwerbsarbeit und unbezahlter Care-Arbeit, zum Beispiel mit Modellen der Arbeitszeitverkürzung. So könnte aus der 40-Stunden-Woche eine 32-Stunden-Woche werden – bei gleichbleibendem Lohn. Auf diese Weise könnten auch Eltern mit Kindern ohne finanzielle Einbußen Sorgearbeit und Erwerbstätigkeit besser untereinander aufteilen.