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change Magazin – Das Magazin der Bertelsmann Stiftung

Der Europatag: Was Corona mit den Freiheiten der EU macht

Eine Frau lächelt und macht mit ihrer Hand das Friedenszeichen. StratfordProductions – stock.adobe.com

Der Europatag verhindert Kriege – trotzdem ist er kaum bekannt

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  • 05. Mai 2020

Die europäische Zusammenarbeit hat viele Freiheiten und Möglichkeiten geschaffen, die für uns heute selbstverständlich sind. Am 9. Mai feiern wir zum 70. Mal den Europatag. Ein Tag, der besonders wichtig für Europa ist. Doch unsere Freiheiten sind wegen der derzeitigen Corona-Pandemie nicht mehr so selbstverständlich.

Das grenzenlose Europa, das wir kennen, hat sich in kürzester Zeit verändert: Statt über das Wochenende ins Nachbarland zu fahren, müssen wir unsere Zeit zu Hause verbringen.  Auch wenn wir es gerade nicht so deutlich spüren wie sonst, hat die europäische Zusammenarbeit großen Einfluss auf unser Leben.

Der Europatag: Warum wir am 9. Mai feiern

Dieses Jahr feiern wir zum 70. Mal den Europatag. Er erinnert an die historische Schuman-Erklärung: Am 9. Mai 1950 hat der französische Außenminister Robert Schuman eine Rede gehalten, in der er eine europäische politische Zusammenarbeit vorgeschlagen hat. So sollten Kriege zwischen den europäischen Ländern verhindert werden (und man muss sagen, dass das seitdem ziemlich gut geklappt hat).

Aus dieser Zusammenarbeit ist die Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EKGS) hervorgegangen. Diese überstaatliche europäische Institution sollte die Kohle- und Stahlproduktion verwalten und zusammenlegen. Nach der EKGS sind eine Reihe europäischer Institutionen entstanden – und schließlich die Europäische Union.

Wir haben uns an die vielen Möglichkeiten der EU gewöhnt

Die europäische Zusammenarbeit hat viele Möglichkeiten und Freiheiten geschaffen, die für die jüngeren Generationen ganz selbstverständlich erscheinen. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Europa vor 75 Jahren komplett in Schutt und Asche lag.

EU-Bürger*innen sind daran gewöhnt, frei zu reisen sowie überall in Europa arbeiten und studieren zu können. Besonders jungen Menschen bietet die EU damit viele Chancen: Zum Beispiel gibt es das Reisestipendium „DiscoverEU“ und das Bildungsprogramm „Erasmus+“. Im Jahr 2018 haben 853.000 Personen an „Erasmus+“ teilgenommen und im Ausland studiert, eine Ausbildung genossen oder eine Freiwilligentätigkeit ausgeübt.

Eine Gruppe von Jugendlichen formt einen Stern mit den Händen

Europas Jugend fordert: „Mehr Mitsprache, jetzt!"


Offene Gesellschaften schaffen offene Menschen. In einem globalisierten, freizügigen Europa werden wir ständig mit Fragen der Integration und Akzeptanz konfrontiert. Die eupinions-Trenddaten der Bertelsmann Stiftung zeigen, dass besonders junge Menschen in Europa für mehr europäische Integration sind.

Corona und die EU, wie wir sie kennen

Derzeit erleben wir krasse Einschnitte in selbstverständlich gewordene Freiheiten: Die Corona-Pandemie verhindert im Moment so gut wie jede Reise innerhalb Europas. Ausgangssperren und Reisewarnungen schränken unser Leben erheblich ein. Das zeigt nicht zuletzt, wie frei wir uns normalerweise in der EU bewegen können und wie stark wir von diesen Freiheiten im Alltag profitieren. Eine Sache hat sich aber nicht verändert: Die EU setzt sich auch in der Corona-Krise gemeinsam für internationale Kooperation und Zusammenhalt ein.

Ein Flugzeug mit einer Banderole hinter sich mit dem Text "STAY AT HOME!"

#stayathome: Sieben wirklich gute Ideen, wie du die Zeit jetzt nutzen kannst


Damit Schüler*innen und Studierende selbst in diesen Zeiten weiterhin Zugang zu Bildung haben, stellt die EU viele kostenlose E-Learning-Ressourcen und Online-Tools zur Verfügung. Denn nicht erst nach 70 Jahren Europatag ist klar, dass Bildung der Schlüssel zu mehr Verständigung ist. Viele der gerade grassierenden Corona-Verschwörungstheorien zum Beispiel lassen sich leicht widerlegen, wenn man sie kritisch hinterfragt.

Wichtiger als Feiern: Mitgestalten

Der Europatag soll uns aber auch daran erinnern, dass Europa von unserer Unterstützung und Mitbestimmung lebt. Das bedeutet nicht nur, alle fünf Jahre zur Europawahl zu gehen, sondern dass wir uns auch darüber hinaus an der Politikentwicklung beteiligen. Die Möglichkeiten für einzelne Bürger*innen sind noch sehr beschränkt. Bislang haben vor allem Interessengruppen und Verbände ein Wörtchen bei der Europapolitik mitzureden. Umso wichtiger ist es, neue Beteiligungsformen zu schaffen wie beispielsweise Bürger*innendialoge.

Für dieses Mehr an Bürger*innenbeteiligung in der EU setzt sich das Projekt „Demokratie und Partizipation in Europa“ der Bertelsmann Stiftung ein. Es entwickelt neue Beteiligungsformate – damit mehr Menschen an der Politikentwicklung in der EU teilhaben können. Das europäische Meinungsforschungsprojekt „eupinions“ erhebt die öffentliche Meinung in der EU alle drei Monate.