Teilen:

change Magazin – Das Magazin der Bertelsmann Stiftung

Dating-Trends: Gen Z sucht Nähe im echten Leben statt in Apps

Ein junges Paar sitzt an einem Tisch vor einem Café und unterhält sich. Die Frau trägt einen weinroten Pullover und lächelt, während der Mann ihr zugewandt in einem hellen Hemd am Tisch sitzt.
N E U
Rawpixel.com - stock.adobe.com

Anti-Swipe-Bewegung: Warum junge Singles lieber im echten Leben flirten

  • Rawpixel.com - stock.adobe.com
  • 12. Dezember 2025

Die Generation Z löscht ihre Dating-Apps. Junge Menschen haben keine Lust mehr, oberflächlich zu swipen und von heute auf morgen geghostet zu werden. change zeigt, wie sich das Kennenlernen gerade grundlegend verändert und warum echte Begegnungen immer wichtiger werden.

Tinder, Snapchat, Bumble und co.: Neue Kontakte zu schließen ist heute einfacher denn je. Gleichzeitig fühlen sich immer mehr Menschen einsam. Einsamkeit unter jungen Erwachsenen nimmt zu und ist längst ein gesellschaftliches Problem. 

Viele aus der Gen Z ziehen einen klaren Schlussstrich: Es reicht. Nach Jahren des Wischens, Matchens und Ghostens sehnen sie sich nach etwas, das Dating-Apps nicht bieten können: Tiefe, spontane Nähe und echte Begegnungen. Laut einer Umfrage nutzt die Generation Z (geboren zwischen 1996 und 2009) Dating-Apps deutlich weniger als die Generation Y (geboren zwischen den frühen 1980er- und den späten 1990er-Jahren). Aber was machen sie stattdessen? Warum verlieren Dating Apps gerade bei jungen Menschen an Beliebtheit – und was hat das alles mit Einkaufskörben und Running-Clubs zu tun? change hat sich das mal genauer angeschaut.

Schluss mit dem Gefühl, „ein Produkt“ zu sein

Viele junge Menschen berichten, dass sich Dating-Apps nicht mehr wie eine Möglichkeit zum Kennenlernen, sondern wie ein Wettbewerb anfühlen. Das Gefühl dahinter lässt sich relativ einfach erklären: Die Swipe-Kultur reduziert Menschen auf oberflächliche Sekundenentscheidungen. Ghosting frisst Selbstvertrauen. Und wer ständig verfügbar sein soll, fühlt sich irgendwann leer.

Was junge Menschen stattdessen tun: Sie löschen die Apps. Nicht, um sich zu isolieren, sondern Menschen in der Realität zu begegnen. Nicht in ihrem Feed, sondern im Alltag.
 

Eine Person mit grauer Mütze und Rucksack steht mit dem Rücken zur Kamera, im Hintergrund fährt ein Zug vorbei

Allein unter vielen? So kannst du der Einsamkeit entkommen!


Gemeinsame Interessen als Love Language

„Is somebody gonna match my freak?“ heißt es in einem Song der Sängerin Tinashe. Dieser wurde in Nullkommanix zu einem viralen TikTok-Hit. Dating verändert sich gerade grundlegend. Das zeigt auch eine aktuelle Studie der Dating-App Bumble mit mehr als 41.000 Teilnehmenden weltweit. Das Ergebnis: Die Gen Z geht mit völlig neuen Prioritäten an Beziehungen heran. Statt auf oberflächliche Dates und große Romantik-Gesten zu setzen, suchen junge Menschen heute vor allem nach Echtheit und gemeinsamen Leidenschaften. 

Besonders spannend: Etwa die Hälfte aller befragten Singles findet es attraktiv, wenn man sich mit jemandem über sehr spezielle Hobbys austauschen kann - egal ob Zimmerpflanzen, Videospiele oder Randsportarten. Diese geteilten Nerd-Momente werden zum neuen Fundament für Beziehungen. Gleichzeitig haben viele keine Geduld mehr für unverbindliches Verhalten oder perfekt inszenierte Social-Media-Auftritte, die sich in der Realität nicht bewahrheiten. Was zählt, sind authentische Einblicke, kleine Aufmerksamkeiten im Alltag und das Gefühl, dass beide wirklich zueinander passen.
 

Dating mal anders: Bei einer gemeinsamen Aufwärmrunde lässt sich direkt das Eis brechen.


Running-Clubs sind die sozialen Netzwerke der Straße

In vielen Städten entstehen gerade neue Räume für Begegnungen – oft dort, wo man sie vielleicht am wenigsten erwartet hätte: in Sportgruppen. Running-Clubs etwa boomen seit Jahren. Gruppenläufe sind nicht nur etwas für Leistungsfreaks. Sie sind für viele junge Menschen ein guter Einstieg, um Gleichgesinnte zu finden.

Das erste Mal bei einer Laufgruppe dabei und man kennt niemanden? Egal. Man läuft nebeneinander und kommt ins Gespräch, solang man noch etwas Puste hat. Was dabei entsteht ist echte Zugehörigkeit. Warum das funktioniert? Gemeinsame Aktivität senkt die Hemmschwelle und durch Regelmäßigkeit entstehen echte Bindungen. Und ja – manche lernen dort auch ihre Partner:innen kennen. Aber der eigentliche Gewinn ist: Man fühlt sich weniger allein und tut etwas Gutes für Körper und Seele.
 


Third Places feiern ein Comeback

Während Dating-Apps stagnieren, erleben alltägliche Orte gerade eine kleine Renaissance: Parks, Cafés, Bibliotheken und sogar Supermärkte. Vor allem letztere gingen dieses Jahr auf Social Media regelmäßig viral mit kreativen Ideen für Singles. Ob pinker Einkaufskorb, der kennzeichnet, dass man noch zu haben ist, oder umgedrehte Ananas im Wagen als Zeichen für Flirtbereitschaft. In Spanien wurde der Trend auf die Spitze getrieben: Wer einen Salat in den Korb packte, signalisierte Interesse an einem One-Night-Stand, Linsen standen hingegen für die Suche nach etwas Ernstem, eine Melone deutet sogar auf Kinderwunsch hin. Und Anstupsen mit dem Einkaufswagen? Das heißt: Es ist ein Match!

Was früher selbstverständlich war – ein kurzer Blickkontakt, ein Gespräch über Tomatensorten oder ein Tipp für ein gutes Buch – wird von der Generation Z gerade ganz neu entdeckt.

Freundeskreise als wichtigste Brücke

Die Daten sind eindeutig: Fast die Hälfte der Gen Z möchte neue Partner:innen über gemeinsame Freund:innen kennenlernen. Das hat Gründe: Online ist vieles unsicher, unklar und unverbindlich. In befreundeten Kreisen hingegen herrscht Vertrauen. Eine wichtige Grundlage für Beziehungen. Menschen engagieren sich füreinander, stellen einander vor und schaffen Geborgenheit. Gemeinsame Freund:innen sind oft ein Zeichen für gemeinsame Interessen, Werte und Humor. Außerdem kann man so einfacher Menschen kennenlernen, ohne dass es direkt den klassischen Date-Charakter hat.

ABC-Dating: Kreative Dates statt endloser Chats

Ein weiterer Trend ist ABC-Dating. Die Idee dahinter ist, Dates bewusster und abwechslungsreicher zu gestalten. Jedes Treffen bekommt einen Buchstaben des Alphabets: A wie „Ausstellung besuchen“, B wie „Bowling“, C wie „Café-Hopping“ und so weiter. So entsteht ein gemeinsames Abenteuer, das neugierig macht und den Einstieg erleichtert. Dieser Trend findet besonders bei der Gen Z Anklang, sowohl beim Kennenlernen neuer Menschen als auch in langjährigen Beziehungen. Es geht darum, echte Quality Time miteinander zu verbringen und aus bestehenden Routinen auszubrechen.

Im Rahmen des Projekts „Junge Menschen und Gesellschaft“ befasst sich die Bertelsmann Stiftung regelmäßig mit Themen, die junge Menschen betreffen. Dabei geht es um Politik und Wirtschaft, aber auch um psychische Gesundheit. Das Motto lautet: „Empowering Youth for a Sustainable Future”. Schau gerne mal rein, um mehr zu erfahren.