Teilen:

change Magazin – Das Magazin der Bertelsmann Stiftung

Europäischer Strukturfonds EFRE: Diese Regionen profitieren

Europa aus dem All bei Nacht betrachtet, mit leuchtenden Ballungszentren Earth Observation Group, Payne Institute for Public Policy, Colorado School of Mines. Kartografie: ©DLR 2021

So sieht Fortschritt aus dem All betrachtet aus

  • Earth Observation Group, Payne Institute for Public Policy, Colorado School of Mines. Kartografie: ©DLR 2021
  • 14. Juni 2021

Hinter der unscheinbaren Abkürzung EFRE steckt geballte Europapower: Das Programm pumpt Geld in strukturschwache Regionen europaweit. Aus dem All betrachtet kann man den Unterschied sogar mit bloßem Auge erkennen: Die geförderten Regionen leuchten heller. change stellt zwei von der EU geförderte Orte vor und zeigt, was sich dort in den letzten Jahren alles getan hat.

Er ist eins der mächtigsten Instrumente europäischer Förderung: der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, kurz EFRE. Er fördert strukturschwache Regionen in der Europäischen Union. Das Ziel: Alle Teile der EU sollen sich wirtschaftlich und damit auch gesellschaftlich weiterentwickeln können. Doch wie viel kommt von den Fördergeldern in den betroffenen Regionen an, und was bewirken sie vor Ort?
 

Coworking-Kollegen auf dem Land

Frische Luft und frische Ideen: Wie Coworking deutsche Dörfer rettet


Lichtblicke aus dem All

Manchmal ist Fortschritt mit bloßem Auge erkennbar – und zwar nicht nur, wenn man direkt vor einer neu errichteten Umgehungsstraße steht. Selbst aus dem Weltall lässt sich beobachten, wie EU-Fördergelder wirken. Zu diesem Schluss kommen Forscher:innen in der von der Bertelsmann Stiftung geförderten Studie „Europa geht ein Licht auf“. Regionen, die in den letzten Jahren Gelder von der EU bekommen haben, strahlen heller als noch vor ihrer Förderung. Daraus kann man schließen, dass es ihnen heute besser geht, denn starke Lichtemissionen sind ein Indikator für die gute wirtschaftliche Stellung einer Region. Weitere Informationen zum Auswertungsverfahren gibt‘s in diesem Video:
 


Durchgeführt wurde die Studie beispielsweise im sächsischen Borna und in der polnischen Stadt Myzków. Die Forscher:innen haben hier einerseits Satellitenbilder ausgewertet und andererseits vor Ort mit den Menschen über die Entwicklungen in den vergangenen Jahren gesprochen.
 

Der Volksplatz von Borna wurde mit Unterstützung der EU renoviert und bietet heute Platz für 10.000 Menschen.


Nach der Wende wurde es dunkel in Borna

In der etwa 30 Kilometer südlich von Leipzig gelegenen Stadt Borna wurden nach der Wende die Braunkohlereviere geschlossen, die zu DDR-Zeiten vielen Menschen Arbeit gaben. Daraufhin wurde es dunkel in Borna: Die Arbeitslosenzahlen stiegen an und immer mehr Menschen zogen aus der Stadt weg. Im Jahr 2007 wurde die Stadt erstmals durch die EU gefördert, seitdem flossen 14,3 Millionen Euro. Das macht sich nicht nur in einem verschönerten Stadtbild bemerkbar, sondern auch in der gesellschaftlichen Atmosphäre: Viele junge Menschen entscheiden sich heute, in Borna zu bleiben. Damit bleibt die Einwohner:innenzahl seit einigen Jahren konstant bei 20.000 und schrumpft nicht weiter.
 


Eine Kirche geht mit EU-Geldern auf Reisen

Mit den EU-Geldern wurde unter anderem der Volksplatz der Stadt saniert. In dem Amphitheater, in dem bis zu 10.000 Menschen Platz finden, gibt es immer wieder große Konzerte von Künstler:innen wie Howard Carpendale oder Bonnie Tyler. Auch die Schwimmhalle der Stadt wurde instand gesetzt. Und im Jahr 2007 verpflanzte man in einer spektakulären Aktion sogar die kleine mittelalterliche Emmauskirche aus dem benachbarten Heuersdorf nach Borna. Das Dorf Heuersdorf hatte dem Braunkohletagbau weichen müssen. Seitdem steht die Kirche aus dem 13. Jahrhundert nahe dem Volksplatz in der Stadtmitte von Borna.
 

Coworking auf dem Land

Dieses Dorf hat genau das, was dir in der Großstadt fehlt


Eine Kleinstadt wird bunt

Im change Interview erzählt Simone Luedtke, die Bürgermeisterin von Borna, wie wichtig die großen EU-geförderten Strukturmaßnahmen gewesen seien, um das Image der Stadt aufzupolieren und die Wirtschaft anzukurbeln. Aber auch kleine Projekte wie beispielsweise die bunte Ausgestaltung von zentral gelegenen Häuserwänden trügen sehr zu einem gesteigerten Wohlfühlfaktor in der Stadt bei, sagt Luedtke.
 


Heute weniger von der Außenwelt abgeschnitten: Myzków in Polen

Auch die in Schlesien im Süden Polens gelegene Stadt Myzków leuchtet heute viel heller in der Nacht als noch vor wenigen Jahren, wie die Satellitenbilder zeigen. Mit EU-Fördergeldern ist eine Umgehungsstraße entstanden, durch die die Anbindung der Stadt deutlich besser geworden ist. Außerdem gibt es am Stadtrand ein neues Industriegebiet, das 200 neue Arbeitsplätze für die Bürger:innen von Myzków bietet. Włodzimierz Żak, Bürgermeister der Stadt, ist sehr froh über die neue Straße: „Der Schwerlasttransport hat nicht nur die Gemeindestraßen ruiniert und die Luft verunreinigt, sondern war auch gefährlich für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen.“ So haben EU-Fördergelder Myzków nicht nur Arbeit geschaffen, sondern die Stadt auch ein Stück weit sicherer gemacht.

Europa wirkt! Mit dem Projekt „Repair and Prepare: Strengthening Europe“ möchte die Bertelsmann Stiftung Ideen und Analysen für eine stärkere europäische Wirtschaft geben. Außerdem befasst sich das Projekt mit Perspektiven und Einflussfaktoren in einem sozialen Europa. Die Reportage „Hilfe von weit oben“ kannst du übrigens in der aktuellen Ausgabe des change Magazins nachlesen.