Von jungen Gründer:innen lernen: Dos und Don’ts beim Start-up-Gründen
-
Jan Borowski – re:ell media
- 14. November 2023
Ein Start-up zu gründen ist ein aufregendes Unterfangen voller Erfolgserlebnisse, unvorhersehbarer Wendungen und Lernmomente. Im Interview mit change erzählen zwei Entrepreneur:innen in den Zwanzigern von ihrer ganz persönlichen Gründungsreise und geben Tipps für andere junge Gründer:innen.
Was haben eine App, die Frauen mit chronischen Schmerzerkrankungen hilft, und eine digitale Peer-to-Peer-Lernplattform gemeinsam? Beides sind Geschäftsideen von jungen Menschen, die erfolgreich ihr eigenes Start-up gegründet haben. Vittoria und Benedict verraten dir, worauf es dabei ankommt.
Vittoria Brolis, 26 Jahre, Gründerin von Hale
„Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und politischen Entscheidungsträger:innen ist wichtig, um Gesundheitsprobleme effektiv anzugehen.“
Hale: Unterstützung für chronische Schmerzpatient:innen
26 Prozent der Menschen mit einer Vulva leiden unter chronischen Schmerzerkrankungen, zum Beispiel durch Endometriose. Das belastet die Betroffenen oft stark in ihrem Alltag. Leider ist dieses Thema, genau wie viele andere Themen, die den biologisch weiblichen Körper betreffen, immer noch stark tabuisiert, und es gibt nur wenige Daten. Mit ihrer Femtech-App Hale möchten Vittoria und ihr Team Aufmerksamkeit schaffen, aufklären und gleichzeitig den Betroffenen helfen, besser mit ihrer Krankheit zu leben.
Benedict Kurz, 21 Jahre, Gründer von Knowunity
„Peer-to-Peer-Lernen ist eine effektive Methode, bei der Schüler:innen voneinander lernen und sich dadurch auch sozial weiterentwickeln.“
Knowunity: Gemeinsam und voneinander lernen
Du kennst das bestimmt: Einige Fächer liegen oder lagen dir in der Schule mehr, andere weniger. Manchmal liegt das am Fach selbst, manchmal aber auch an der Erklärweise der Lehrer:innen. Benedict kennt das aus eigener Erfahrung sehr gut. Er weiß, dass es vielen Schüler:innen leichter fällt, von Gleichaltrigen zu lernen, die dieselbe „Sprache“ sprechen. Deshalb hat er Knowunity gegründet, eine digitale Lernplattform, wo sich Schüler:innen aus der ganzen Welt gegenseitig Themen erklären, ihre Notizen teilen und Fragen beantworten können. Das hilft den Nutzer:innen, für Arbeiten zu lernen und Schulinhalte generell besser zu verstehen.
Tipps zum Start-up-Gründen
Tief in dir drin trägst du eine genauso hervorragende Idee wie Vittoria oder Benedict, du weißt aber noch nicht, wie du sie das Licht der Welt erblicken lässt? Wir von change haben den beiden Gründer:innen ein paar Fragen gestellt, deren Antworten dich brennend interessieren dürften.
change | Auf deiner bisherigen Gründungsreise: Was waren deine drei Dos and Don’ts?
Vittoria | Meine Dos sind:
• Empathie und Verbundenheit mit der Zielgruppe
• Sich mit anderen Gründer:innen und Unternehmer:innen vernetzen
• Sich um öffentliche Förderungen und Zuschüsse bewerben
Meine Don’ts sind:
• Angst vor Fehlern und Perfektionismus
• Übermäßige Fixierung auf Problemlösung und Technik
• Zu viel Zeit mit Menschen zu verbringen und Energie zu investieren, die nicht hundertprozentig motiviert sind
Benedict | Meine Dos sind:
• Offen sein für Veränderungen und Anpassungen
• Zeit in die Entwicklung eines starken Teams investieren
• Unterstützung von Mentor:innen suchen und netzwerken
Meine Don’ts sind:
• Zu lange an einer Idee festhalten, die sich als nicht tragfähig erweist
• Die Bedeutung eines klaren Geschäftsmodells und eines durchdachten Markteintritts unterschätzen
• Kein User-Feedback einholen und keinen Kontakt zur Zielgruppe haben
Was ist dein bester Ratschlag für junge Gründer:innen?
Vittoria | Konzentriert euch auf das Problem, das ihr lösen wollt. Verbringt Zeit damit, die Zielgruppe zu verstehen, ihre Bedürfnisse zu kennen und eine klare Vision zu haben, warum euer Unternehmen existiert. Das wird der Anker sein, der euch durch die Herausforderungen der Gründungsreise führt.
Benedict | Nicht zögern, sondern mutig handeln: Starte einfach mit deiner Idee, sammle Feedback und lerne kontinuierlich dazu.
Wie überzeugst du andere von deiner Idee?
Vittoria | Ich habe eine klare Verbindung zwischen meiner Idee und den größeren gesellschaftlichen Herausforderungen hergestellt. Ich betone immer wieder, wie wichtig es ist, weibliche Gesundheit und Technologie (femtech) zu unterstützen. Wir müssen globale Koalitionen bilden, ähnlich wie wir es beim Klimawandel tun, um mehr für die körperliche Gesundheit von Frauen zu tun.
Benedict | Mit Leidenschaft und „Purpose“: Knowunity haben wir damals beispielsweise aus eigenen Problemen heraus im Abitur gegründet. Ich teile meine Vision und bin überzeugt, dass sie sich positiv auswirken kann. Gleichzeitig betone ich den Mehrwert für potenzielle Unterstützer:innen oder Kund:innen.
Was ist bei einem Gründer:innen-Team besonders wichtig?
Vittoria | Wichtig ist eine Vielfalt an Fähigkeiten und Perspektiven. Jedes Mitglied soll sich mit der Vision des Unternehmens identifizieren können und mit seinen Stärken zur Verwirklichung der Vision beitragen.
Benedict | 100 Prozent Vertrauen, gleiche Werte- und Arbeitsvorstellungen sowie ergänzende Kompetenzen der Teammitglieder.
Was wünschst du dir fürs nächste Jahr?
Vittoria | Unser konkretes Ziel für das kommende Jahr ist es, unsere Plattform und unsere Dienstleistungen weiter auszubauen. Wir wollen die gesamte Patient:innenreise unserer Nutzer:innen begleiten: Von den ersten Symptomen, bis zur Remission dieser Symptome. Für die Zukunft wünsche ich mir generell mehr Unterstützung in Form von öffentlichen Fördergeldern, insbesondere für Forschungsprojekte im Bereich Frauengesundheit. Um Frauen mit chronischen Schmerzerkrankungen helfen zu können, braucht es mehr Wissen und das kann nur durch Forschung entstehen — dafür braucht es öffentliche Unterstützung.
Benedict | Einerseits möchten wir unsere Plattform nach der erfolgreichen Expansion in Europa und Start in den USA weiter global ausrollen, sodass wir Millionen von Schüler:innen Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung verschaffen können. Zudem wollen wir den täglichen Lernbegleiter bauen, um Millionen von Schüler:innen extrem personalisiert beim Lernen zu unterstützen und den Lernerfolg zu steigern. Mit Blick auf die deutsche Start-up-Kultur wünsche ich mir einen besseren und leichteren Zugang zu Talenten, auch auf internationaler Ebene. Außerdem wünsche ich mir weniger bürokratische Hindernisse für Gründer:innen im Unternehmensaufbau.
Lösungen für die Probleme unserer Zeit
Obwohl die beiden Start-ups unterschiedlicher nicht sein können, verfolgen die beiden Gründer:innen mit ihrer Arbeit ein gemeinsames Ziel: Sie möchten mit ihren innovativen Ideen einen wichtigen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten.
Mit dem Projekt „Junge Menschen und Wirtschaft – Zukunft. Nachhaltig. Gestalten.“ unterstützt die Bertelsmann Stiftung die heranwachsende Generation dabei, die nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft mit anzupacken. In einer Videodokumentation des Projekts erfährst du mehr über Vittoria und Benedict sowie weitere junge Gründer:innen und ihre Ideen.