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change Magazin – Das Magazin der Bertelsmann Stiftung

Das Internet in VR: Facebooks Metaverse erklärt

Mit VR-Brille und Snapback im Metaversum unterwegs. Martin Sanchez - unsplash.com/license

Metaverse: Das neue Internet?

  • Martin Sanchez - unsplash.com/license
  • 21. Oktober 2021

Menschen, die sich mit Avataren durch endlose dreidimensionale Onlinewelten bewegen, kennen wir bisher nur aus Filmen. Doch es sieht so aus, als könnten diese Science-Fiction-Träume bald Realität werden. change hat recherchiert, was es mit den Plänen für das sogenannte Metaversum (englisch: Metaverse) auf sich hat.

Mit Hochdruck arbeiten Digitalkonzerne wie Facebook und Co. am Metaversum. Sie planen eine virtuelle 3D-Welt, die das Internet, wie wir es heute kennen, revolutionieren soll. Sollten wir gespannt sein oder besorgt?

Was ist das Metaversum (englisch: Metaverse)?

Noch schauen wir auf unser Smartphone oder den Computerbildschirm, wenn wir online sind. Mit dem Metaversum soll sich das ändern: „Online“ wäre dann ein virtueller, dreidimensionaler Raum in Echtzeit. Matthew Ball, Tech-Investor und ehemaliger Amazon-Manager, veröffentlicht regelmäßig Blogbeiträge, in denen er konkrete Pläne für das Metaversum erläutert. Er beschreibt es als „ein Netzwerk aus ständigen, in Echtzeit laufenden dreidimensionalen Welten und Simulationen, in denen es Identität, Objekte, Geschichte, Zahlungsmöglichkeiten und Rechte gibt, die von einer unbegrenzten Anzahl von individuellen Usern genutzt werden können“.
 


Eine einzige Simulation, keine Apps, keine Accounts

Weil das Metaversum noch nicht existiert, sind die folgenden Sätze nur Vermutungen: Im Metaversum könnte es keine einzelnen Apps mehr geben, sondern alles soll in einer einzelnen Simulation zusammengefasst werden. Dort sollen Daten problemlos ausgetauscht werden. Es gäbe dann keine Accounts mehr, in die man sich ein- oder ausloggen kann. Jede:r Teilnehmer:in wäre über einen Avatar permanent mit dem Metaversum verbunden. Die Menschen könnten mehr und mehr in den digitalen Raum umziehen. Dort sollen wir unserer Arbeit nachgehen, unsere Freizeit verbringen und natürlich konsumieren. Dafür sind bereits jetzt Zahlungsmittel vorgesehen, die man sich als eine Art Kryptowährung vorstellen kann.
 

Warmes Sonnenlicht fällt durch die Scheibe eines Autos auf den Passagier. Wir sehen lediglich seine Hände, die ein Smartphone halten. Der Daumen ist zum Klick gehoben, auf dem Display ist eine Karte abgebildet.

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Gamingplattformen: Die Vorreiter des Metaversums?

Expert:innen rechnen damit, dass es noch mindestens 40 Jahre dauern wird, bis wir den neuen virtuellen Raum nutzen werden. Als Hinweis darauf, dass das Metaversum tatsächlich kommen wird, gilt der Erfolg von Kryptowährungen und Computerspielen wie Fortnite oder Gamingplattformen wie Roblox. Spieler:innen haben in den Fortnite-Gamingwelten Freundeskreise und geben Geld für verschiedenste Dinge aus, von virtueller Kleidung bis hin zu Konzerten. Der US-Rapper Travis Scott hat erst kürzlich auf Fortnite ein Konzert gegeben.
 


Facebook bereitet sich auf das Metaversum vor

Als ein weiteres Vorzeichen für die Ankunft des Metaversums in den nächsten Jahrzehnten gelten Facebooks Investitionen in VR (Virtual Reality) und AR (Augmented Reality). Laut Technikportal „The Verge“ arbeiten momentan fast 20 Prozent der Facebook-Mitarbeiter:innen an neuen Strategien im Bereich VR und AR, beispielsweise an verbesserten Technologien für Virtual-Reality-Headsets. Facebook hat außerdem kürzlich angekündigt, dass auch in Europa in den nächsten fünf Jahren 10.000 neue Jobs entstehen werden – hauptsächlich für Ingenieur:innen, die am Aufbau des Metaversums arbeiten sollen. Mark Zuckerberg scheint also fest daran zu glauben, dass das Metaversum kommen wird.
 

Drei Jugendlichen programmieren einen Roboter in einem Klassenzimmer.

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Dynamicland: Gegenentwurf zum „Zuckerversum“

Es gibt aber auch einen radikalen Gegenentwurf zur Facebook-Vision des Metaversums, das Kritiker:innen auch als „Zuckerversum“ verspotten. Das Projekt Dynamicland ist eine unkommerzielle Alternative, die nicht zentral gesteuert werden und den Wissensaustausch für alle ermöglichen soll. Die Entwicklung dieses Projekts läuft gemeinschaftlich, jede:r kann sich einbringen. Bei Dynamicland handelt es sich um eine Art Metaversum von den Menschen für die Menschen, in dem User:innen nicht bloß konsumieren. Wie konkrete Entwicklungsarbeit für Dynamicland aussieht, zeigt Mitgründer Joshua Horowitz in diesem Video:
 


Brauchen wir ein Metaversum?

Erfunden wurde der Ausdruck „Metaversum“ übrigens Anfang der 1990er-Jahre vom Science-Fiction-Autor Neal Stephenson, der ihn in seinem Roman „Snow Crash“ verwendet. Dort muss der Protagonist in einer Cyberwelt Verbrecher:innen besiegen, um die Welt zu retten. Was Roman und Wirklichkeit verbindet, ist, dass momentan das Metaversum immer noch mehr Science-Fiction ist als Realität. Aber wer hätte vor 50 Jahren schon gedacht, dass im Jahr 2021 jeder Mensch einen kleinen Apparat in der Tasche tragen wird, der so ziemlich jede Frage, die uns einfällt, innerhalb von Sekunden beantworten kann? Doch auch wenn das Metaversum theoretisch möglich ist, bleibt die Frage: Wollen wir in einer Welt leben, die sich vollständig virtuell abspielt?

Wie werden wir im Jahr 2050 arbeiten? Diese und andere Fragen stellen sich Forscher:innen der Bertelsmann Stiftung im Projekt „Die betriebliche Arbeitswelt in der Digitalisierung“. In Kooperation mit der Denkfabrik The Millennium Project und den Szenario-Expert:innen von Future Impacts veröffentlichten sie Studien wie „2050: Die Zukunft der Arbeit.“ und „Arbeit 2050: Drei Szenarien.“, die sich mit wichtigen Zukunftsfragen beschäftigen.