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Digitaler Wandel: Wie künstliche Intelligenz den Unterricht verändert

Ein Spielzeugroboter steht neben einem Smartphone
Kolumne
Patrick Daxenbichler – stock.adobe.com

Digitaler Wandel: Wie künstliche Intelligenz den Unterricht verändert

  • Dejan Mihajlovic
  • Patrick Daxenbichler – stock.adobe.com
  • 21. März 2019

Tagtäglich setzen sich Lehrende im Klassenzimmer mit der Intelligenz junger Menschen auseinander. Doch andernorts wird bereits an Konzepten gearbeitet, künstliche Intelligenz beim Lernen einzusetzen. Welche Chancen bieten sich und welche Entwicklungen sollte man kritisch betrachten? change-Kolumnist und Lehrer Dejan Mihajlovic wirft einen Blick auf eine vielversprechende Technik.

Der Lehrer Dejan Mihajlovic

Dejan Mihajlovic

… unterrichtet an einer Realschule in Freiburg. Zusätzlich entwickelt und hält er Fortbildungen im Auftrag des Schulamtes, Regierungspräsidiums und Kultusministeriums. Zu zeitgemäßer Bildung im digitalen Wandel gibt er Workshops, bloggt, hält Vorträge und organisiert und moderiert Events.


Oft wissen Menschen nicht, dass künstliche Intelligenz (KI) sie schon längst umgibt, zum Beispiel durch Sprachassistenten auf Smartphones und Tablets. Viele können sich nicht vorstellen, was hinter dem Begriff steckt. Das ist aber notwendig, um den Einsatz in Schulen zu diskutieren.

Künstliche Intelligenz – was ist das überhaupt? 

Grob verkürzt: Künstliche Intelligenz simuliert intelligentes Verhalten durch Computerprogramme bzw. die Denkprozesse, die dazu führen. Dabei spielen neben dem Ziel, das verfolgt wird (zum Beispiel Lernprozesse zu vereinfachen), folgende Faktoren eine zentrale Rolle:

• Daten, die einem Programm helfen, Muster zu erkennen und selbstständig zu lernen (die sogenannten Trainingsdaten)
• Algorithmen, die Computer in Form von Programmen steuern
• Personen, die das Computerprogramm schreiben

Hierbei kann es nämlich zu Diskriminierungen kommen, wenn gesellschaftlich bestehende Ungerechtigkeiten übernommen und vielfältige Perspektiven nicht berücksichtigt werden. Das kann zum Beispiel passieren, wenn ein Gesichtserkennungsprogramm nicht mit allen Haut- oder Haartypen trainiert wird. Oder wenn die Gruppe der Programmierer nur aus Männern besteht – und ihr so andere Blickwinkel beim Programmieren und Definieren der Ziele fehlen.

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Was kann künstliche Intelligenz in der Schule leisten?

Bisher werden KI-basierte Tools im Fremdsprachenunterricht oder in Mathematik beim Einscannen, Erkennen und Lösen von Gleichungen eingesetzt. KI kann aber auch im Rahmen von Inklusion genutzt werden: Schülerinnen und Schüler, denen das Fokussieren schwerfällt, kann KI zum Beispiel durch Hervorhebungen von Inhalten unterstützen. Dafür wird unter anderem mithilfe von Kameras erfasst und ausgewertet, wie lange ihre Blicke an einer Stelle verweilen.

KI macht Lernen effektiver, effizienter und personalisierter – damit wird häufig geworben. Wenn ein Schüler an einer Aufgabe scheitert, erkennt die KI, woran es lag, und liefert automatisch die passende nächste Aufgabe. Die Hürde ist dann zwar niedriger als zuvor, aber noch hoch genug, um sich dem Lernziel weiter zu nähern. Als Rahmen für den Lernprozess dient oft ein Spiel. Punkte oder Level sollen für anhaltende Motivation sorgen.

Beim Tracking und beim Erfassen der Lösungswege werden Lerndaten ermittelt, die einige Fragen aufwerfen: Wem gehören sie? Wer hat Zugriff darauf? Wo und wie lange werden sie gelagert? Und es gilt noch mehr zu hinterfragen: Lernprogramme, die für mehr Effizienz und Effektivität sorgen sollen, stellen eigentlich nur fest, wie sehr Schülerinnen und Schüler bereit und fähig sind, einen vorgezeichneten Weg zu gehen. Sie helfen ihnen nicht, die Vielfalt ihrer Stärken zu entdecken.


Was soll künstliche Intelligenz in der Schule leisten?

Natürlich klingt „durch KI schneller und besser lernen“ erst einmal gut. Wer aber den gesellschaftlichen Wandel betrachtet, der durch die Kultur der Digitalität entstanden ist, stellt fest, dass Lernprozesse sich ebenfalls ändern müssen. Es geht nicht um das Optimieren von Ausrechnen oder Auswendiglernen, sondern darum, Probleme von ergebnisoffenen Aufgaben zu lösen. Und das am besten zu Fragen, die sich Lernende selbst gestellt haben.

Künstliche Intelligenz sollte junge Menschen unterstützen und sie befähigen: zu kritischem Denken, Kreativität, Kollaboration und Kommunikation. Sie könnten so auf allen Ebenen die Möglichkeit nutzen, eigene Wege zu gehen. Das wird aber nicht gelingen, wenn sie trainiert werden, vorher festgelegte Ergebnisse möglichst schnell zu erreichen. Denn wie viel Mündigkeit bleibt übrig, wenn ein Algorithmus bestimmt, welche Aufgabe ich als nächstes zu meistern habe? 

Mehr dazu? Das Projekt „Ethik der Algorithmen“ der Bertelsmann Stiftung setzt sich mit den gesellschaftlichen Folgen algorithmischer Entscheidungsfindung auseinander. Im Blog „Algorithmenethik“ finden sich aktuelle Beiträge rund um die Themen KI und Co. Welche Auswirkungen der digitale Wandel auf das Lernen hat, das diskutiert der Blog „Digitalisierung der Bildung“.