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Was steckt hinter dem Feiertag Allerheiligen?

Eine Kapelle in den Bergen Unsplash / Tobi

Deutschland feiert … Allerheiligen! Das steckt hinter dem katholischen Multigedenktag

  • Unsplash / Tobi
  • 31. Oktober 2018 | Aktualisiert: 28. Oktober 2020

Heilige kennt die katholische Kirche mehr als das Jahr Tage hat. Um aller Heiliger zu gedenken, gibt es in Deutschland daher einen gemeinsamen Feiertag: Allerheiligen.

6650 Heilige und Seelige gibt es – so steht es im offiziellen römisch-katholischen „Martyrologium Romanum“, das zuletzt 2004 aktualisiert wurde. Und es werden immer mehr.

Weil nicht aller Heiliger mit einem eigenen Fest gedacht werden konnte, hat die katholische Kirche einen Gedenktag für alle ins Leben gerufen. Doch was passiert an Allerheiligen? Und was hat es mit dem Tanzverbot auf sich? change wirft einen Blick auf diesen wichtigen katholischen Feiertag und die Leben bemerkenswerter Heiliger.


Was passiert an Allerheiligen?

Seit dem Jahr 835 feiern katholische Christen Allerheiligen am 1. November. Die Ursprünge des Fests reichen aber noch weiter, bis ins 4. Jahrhundert, zurück. 

Am Nachmittag von Allerheiligen sowie am darauffolgenden Tag, Allerseelen, schmücken die Lebenden die Gräber der Verstorbenen mit Blumen und Kerzen. Viele Friedhöfe gleichen dann einem Meer aus Grablichtern. Priester oder Diakone segnen die Gräber, oftmals auch mit Weihwasser und -rauch. Vielfach findet die Gräbersegnung schon an Allerheiligen statt, gehört aber nach römisch-katholischem Ritus an den Allerseelentag. Hier gedenken Gläubige aller Verstorbener, die noch im Fegefeuer schmoren und darauf warten, in den Himmel entlassen zu werden.


Tanzverbot an Allerheiligen

Wer aus Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder dem Saarland kommt, kennt Allerheiligen wohl am ehesten als gesetzlichen Feiertag. In einigen Bundesländern – wie zum Beispiel Bayern – wird auch ein strenges Tanzverbot durchgesetzt. Laute Musik und öffentliches Feiern sind dann untersagt. Das kollidiert mit einem anderen Fest, das in Deutschland in den letzten Jahren immer populärer wurde: Halloween, das immer auf den 31. Oktober fällt. Kein Zufall, bedeutet doch „All Hallows’ Eve“ übersetzt „Vorabend von Allerheiligen“.


Wer sind eigentlich diese Heiligen? 

Heilige sind Vorbilder im Glauben, die Gott in einer besonderen Weise nahestehen. Oft haben sich an Heiligen Wunder ereignet, sie starben für ihren Glauben oder sie hatten Visionen, hörten Stimmen, redeten mit Tieren. Viele Entscheidungen und Verhaltensweisen von Heiligen würden wir heute als auffällig bezeichnen, es gibt sogar die Theorie, dass einige von ihnen psychisch krank waren.

Heilige werden von Katholiken verehrt, nicht angebetet. Das ist allein Gott vorbehalten. Die evangelische Kirche geht noch weiter und führt auch keine Heiligenverehrung durch. Für Protestanten sind Heilige Menschen, die oft großen Mut bewiesen und ihren Glauben mit Hingabe ausgeübt haben. Ihre Lebensgeschichten sind beeindruckend und vorbildhaft, aber als Mittler zwischen Gott und den Menschen sehen Protestanten die Heiligen nicht. Da gäbe es nur einen, nämlich Jesus Christus, den beide christliche Kirchen gleichermaßen anbeten. 


Drei Heilige, deren Leidensgeschichte einzigartig ist

Nicht immer sind Heilige Märtyrer. Auch die zuletzt verstorbenen Päpste sind Heilige. Aber viele auch im Volksglauben bekannte Heilige kommen aus einer Zeit, in der Christen verfolgt und aufgrund ihres Glaubens getötet wurden. Diese drei Heiligen haben eine ganz besondere Leidensgeschichte:
 

Wilgefortis (auch: Kümmernis)

… lebte angeblich zur Zeit der frühen Christianisierung Deutschlands. Der Legende nach war sie die Tochter eines heidnischen portugiesischen Königs, wurde aber Christin.

Sie sollte mit einem ebenfalls heidnischen Prinzen verheiratet werden. Um das zu verhindern, bat sie Gott darum, sie so zu entstellen, dass der Prinz sie nicht mehr heiraten möchte. Ihr wuchs ein Bart.

Zur Strafe wurde sie in Lumpen gekleidet an ein Kreuz geschlagen – damit sie genauso aussähe wie Jesus, ihr „himmlischer Gemahl“.

Mehr Infos im Heiligenlexikon. 

Eine Frau mit Bart hängt am Kreuz

Lucia

… soll um 281 auf Sizilien in eine reiche Familie geboren worden sein. Schon als Kind wurde sie Christin und legte das Gelübde ab, ewig Jungfrau zu bleiben. Ihre Mutter aber wollte sie ursprünglich verheiraten.

Nachdem auch sie zur Christin wurde, sagte Lucia die Hochzeit ab und nutzte das Vermögen der Familie, um Armen und Kranken zu helfen. Der geprellte Bräutigam war außer sich über die abgesagte Hochzeit und das verschenkte Erbe und wollte Lucia dafür bestrafen.

Doch keine Folter konnte ihr etwas anhaben – selbst mit einem Schwert im Hals soll sie noch laut weitergebetet haben.

Eine weitere Legende besagt, dass sich Lucia die schönen Augen ausgerissen haben soll und ihrem vorgesehenen Ehemann geschickt habe. Daher wird Lucia oft mit ihrem ausgerissenen Augenpaar dargestellt.

Mehr Infos im Heiligenlexikon.

Eine Frau präsentiert ihre Augen auf dem Tablett

Agatha

… war ebenfalls eine adelige sizilianische Jungfrau, die nicht heiraten wollte. Der Statthalter Quintianus wollte sie zur Frau. Ihre Absage hat ihn so erbost, dass er Agatha zur Strafe in ein Bordell bringen ließ, wo sie sich prostituieren sollte.

Doch Agatha blieb standhaft. Selbst die schlimmsten Folterungen konnten sie nicht brechen. So wurden ihr die Brüste mit einer Zange zerrissen, verbrannt und letztlich abgeschnitten.

In vielen Darstellungen sieht man daher Agatha, wie sie ihre Brüste auf einem Tablett präsentiert.

Mehr Infos im Heiligenlexikon.

Eine Frau präsentiert ihre Brüste auf dem Tablett


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