
Lettland entdecken: 15 spannende Fakten, die du garantiert noch nicht kennst
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Ivars Utināns - unsplash.com
- 30. September 2025
Dieses kleine baltische Land steckt voller Geheimnisse. Spaziere an der Küste, wandere durch Nationalparks oder entdecke die besondere Architektur Rigas. Feiere mit den Einheimischen Mittsommer und tauche in jahrhundertealte Traditionen ein. change hat 15 überraschende Fakten gesammelt, die dir garantiert Lust auf Lettland machen.
Am östlichen Rand der Ostsee liegt Lettland. Ein kleines Land mit großer Vielfalt. Zwischen Estland im Norden, Litauen im Süden, Russland im Osten und der Ostsee im Westen erstrecken sich Wälder, Seen und Küstenlandschaften, die das Land ausmachen. Lettland wirkt ruhig und überschaubar, doch seine Städte, Dörfer und Traditionen erzählen von einer langen und aufregenden Geschichte. Wer hier ankommt, spürt sofort den Charme eines Landes, das von Natur, Geschichte und unterschiedlichen kulturellen Einflüssen geprägt ist.
1. 800 gute Gründe, durch Riga zu spazieren
Riga, die Hauptstadt Lettlands, besitzt eine der weltweit größten Ansammlungen von Jugendstilgebäuden (Art nouveau). Etwa 800 Gebäude, vor allem in der historischen Innenstadt, gelten als Beispiele dieses Stils. Viele dieser Häuser entstanden zwischen 1900 und 1914, in Zeiten wirtschaftlichen Wachstums, und zeigen ornamentale Fassaden, florale Motive und Variationen in Stilrichtungen. Diese Architektur prägt das Stadtbild stark und übt große Anziehung auf architekturbegeisterte Besucher:innen aus.
2. Mehr Bäume als Menschen: Lettlands grünes Herz
Mit knapp 53 Prozent bewaldeter Fläche gehört Lettland zu den waldreichsten Ländern der EU. Nach der Wende in den 1990er-Jahren nutzten viele neue Waldeigentümer:innen ihren Besitz vor allem als Kapitalquelle und ließen große Flächen roden, um kurzfristig Gewinne zu erzielen. Inzwischen hat sich das Bewusstsein jedoch spürbar verändert: Der Wald wird nicht mehr nur als Rohstofflieferant gesehen, sondern zunehmend als unverzichtbarer Teil des Ökosystems. Die Wälder spielen auch eine wichtige Rolle in der Wirtschaft: Sie liefern Holz, schützen das Klima und bieten Lebensraum für zahlreiche Tierarten. Die Wälder Lettlands sichern fast fünf Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung, durch Holzernte, Verarbeitung und Möbelproduktion.
3. Chöre, Tänze und Traditionen
Alle fünf Jahre findet in Lettland das Baltic Song and Dance Celebrations statt, ein riesiges Volksfestival mit Chören, Tanzensembles, traditioneller Kleidung, Musikgruppen und Volkskunst. Das Festival bringt Zehntausende Teilnehmer:innen zusammen, nicht nur aus ganz Lettland, sondern auch aus lettischen Gemeinden im Ausland. Seit 1873 ist das Festival ein zentraler Bestandteil der lettischen Identität, Teil der kulturellen Erinnerung und Ausdruck nationaler Zusammengehörigkeit. Neben den vielen Teilnehmer:innen vor Ort schauen über eine halbe Million Menschen im Fernsehen zu. Das Festival steht sogar auf der UNESCO-Liste immateriellen Kulturerbes.
4. Von der Sowjetrepublik zum unabhängigen Lettland
Lettland ist ein junges Land mit einer langen, wechselhaften Geschichte. Bevor es 1918 erstmals seine Unabhängigkeit erklärte, war das Gebiet Teil des Russischen Kaiserreichs. Davor prägten der Deutsche Orden und die sogenannten Deutschbalten die Kultur, die Sprache und den Handel in der Region. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Lettland in die Sowjetunion eingegliedert und war bis 1991 als Lettische Sozialistische Sowjetrepublik bekannt. Erst mit dem Zerfall der UdSSR konnte Lettland seine staatliche Eigenständigkeit wiedergewinnen. Ein Ereignis, das heute von vielen Lett:innen als entscheidender Moment der nationalen Identität gefeiert wird, wenn auch nicht mit einem gesetzlichen Feiertag.
5. Ein Land zwischen Abwanderung und Heimkehr
Lettland zählt etwa 1,9 Millionen Einwohner:innen. Die Vergangenheit des Landes ist stark von Migration geprägt. Seit den 1990er-Jahren ziehen jedoch viele junge und gut ausgebildete Lett:innen nach Westeuropa, vor allem nach Großbritannien, Irland und Deutschland. Zwischen 2000 und 2016 verlor das Land dadurch etwa zwölf Prozent seiner Bevölkerung. Besonders auffällig ist, dass die Abwanderung vor allem in städtischen Regionen und unter jungen Erwachsenen stattfand. Viele Lett:innen, die im Ausland leben, bleiben jedoch eng mit ihrer Heimat, Kultur und Sprache sowie mit ihren Traditionen verbunden und tragen so weiterhin zur lettischen Gemeinschaft bei.
6. Rigas flüssiges Wahrzeichen
Schwarz, geheimnisvoll und unverwechselbar: So präsentiert sich Rīgas Melnais balzams, der berühmte lettische Likör. Hergestellt aus rund 24 Kräutern, Blüten, Beeren und Gewürzen, reift er in Eichenfässern und entfaltet seinen bittersüßen, intensiven Geschmack. Ob pur, auf Eis oder heiß mit Johannisbeersaft – der Balsam wird traditionell als wohltuend für die Verdauung geschätzt. Sein Ursprung reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück, als Apotheker Abraham Kunze das Rezept aus alten Apotheken übernahm und damit sogar die Zarin Katharina die Große beeindruckt haben soll. Heute ist Rīgas Melnais balzams ein Symbol lettischer Kultur – in Museen ausgestellt und weltweit genossen.
7. Nationalparks und Naturwunder
Lettland hat vier große Nationalparks, die jeweils ihren eigenen Charakter und besondere Highlights haben. Der Gauja-Nationalpark, das älteste und größte Schutzgebiet des Landes, ist mit dichten Wäldern, Flüssen, Kalkfelsen, historischen Schlössern und kleinen orthodoxen Kapellen etwas für alle, die abwechslungsreiche Landschaften lieben. Wer Ruhe in der Natur sucht oder gern wandert, Vögel beobachtet oder im Winter Ski fährt, fühlt sich hier wohl. Der Rāzna-Nationalpark im Osten ist perfekt für Wasserliebhaber:innen und alle, die gern draußen entspannen. Rund um den großen Rāzna-See gibt es viele Möglichkeiten für Spaziergänge, Bootsfahrten oder Picknicks am Ufer. Im Ķemeri-Nationalpark kommen besonders Naturliebhaber:innen auf ihre Kosten: Weite Moore und Torfgebiete bieten seltenen Pflanzen und Tieren ein Zuhause. Und der Slītere-Nationalpark an der Nordwestküste ist ideal für alle, die das Meer, steile Klippen, Sanddünen und die frische Küstenluft genießen möchten.

8. Vom blutgetränkten Tuch zur Nationalflagge
Die lettische Flagge ist eine der ältesten Nationalflaggen der Welt und hat eine besondere Symbolik. Sie besteht aus einem dunkelroten Feld mit einem schmalen weißen Streifen in der Mitte. Laut einer Legende geht sie auf das 13. Jahrhundert zurück: Ein verwundeter Krieger soll in ein weißes Tuch gehüllt worden sein, das sich durch sein Blut rot färbte. Nur der Bereich, der nicht berührt wurde, blieb weiß. Das Rot steht oft für die Opferbereitschaft und Stärke des Volkes, während das Weiß Reinheit und Einheit symbolisiert. Seit 1918 ist diese Flagge das Nationalsymbol. Während der Sowjetzeit wurde sie verboten, kehrte jedoch 1990 mit der Unabhängigkeit wieder offiziell zurück.
9. Kulinarische Spezialitäten: So schmeckt Lettland
Ein besonders typisches lettisches Dessert ist das Layered Rye Bread (auch bekannt als Latvian Ambrosia). Darin werden Roggenbrotkrümel mit Beerenmarmelade (Schwarze Johannisbeeren oder Preiselbeeren) kombiniert, hinzu kommt Schlagsahne, oft mit geriebener dunkler Schokolade und manchmal Zimt. Dieses Dessert bringt zusammen, was Lettland kulinarisch ausmacht: Roggenbrot, Waldfrüchte und die Liebe zu einfachen, aber herzhaften Aromen. Wer Lettland besucht, sollte sich also nicht nur die Naturschönheiten anschauen, sondern auch in die Küche eintauchen.
10. Das große Mittsommerfest Jāņi
In Lettland sind der 23. und der 24. Juni mit die wichtigsten Feiertage des Jahres: Hier findet das Mittsommerfest Jāņi statt. Gefeiert wird mit Lagerfeuern, Blumenkränzen (vor allem aus Wiesenblumen für Frauen und aus Eichenlaub für Männer), Volksliedern, natürlich viel Bier und dem typischen Kümmelkäse (Jāņu siers). Die Menschen fahren meist aufs Land, schmücken Häuser und Gärten mit Birkenzweigen und bleiben die ganze Nacht wach: Denn wer den Sonnenaufgang erlebt, soll mit Glück gesegnet sein. Typisch ist auch das Springen über das Feuer, was als reinigend und schützend gilt. Für die meisten Lett:innen ist Jāņi das Fest, das den lettischen Jahreskreis wie kein anderes prägt – eine Mischung aus Volksglauben, Naturverbundenheit und ausgelassener Sommerfreude.
11. Euro in Lettland: Vorteil für Reisende, Umbruch für Einheimische
Bis 2014 zahlte man in Lettland mit dem Lats (LVL), einer Währung, die für viele Einwohner:innen ein wichtiges Symbol der Unabhängigkeit war. Mit dem EU-Beitritt 2004 war jedoch schon klar, dass irgendwann der Euro eingeführt werden würde. Am 1. Januar 2014 wurde Lettland schließlich Teil der Eurozone, und der Euro löste den Lats vollständig ab. Für Reisende ist das ein großer Vorteil, weil man heute ohne Umtauschkosten aus allen Euroländern anreisen kann. Gleichzeitig war der Wechsel für viele Menschen emotional, da der Lats eng mit der Identität des wieder unabhängigen Lettlands verbunden war. Heute ist der Euro aber selbstverständlich und erleichtert den Handel wie auch den Tourismus.
12. Eine der ältesten Sprachen Europas
„Sveiki, kā tev klājas?“ Das ist Lettisch und heißt: „Hallo, wie geht es dir?“ Lettisch ist eine der ältesten noch lebenden indoeuropäischen Sprachen. Zusammen mit Litauisch gehört sie zum baltischen Sprachzweig, der sich schon vor Jahrtausenden von anderen Sprachgruppen abgespalten hat. Lettisch wirkt für Außenstehende oft melodisch und altmodisch, da es viele archaische Formen bewahrt hat. Neben Lettisch ist in Lettland Russisch weit verbreitet, da eine große russischsprachige Minderheit im Land lebt. Als Tourist:in kommt man auch mit Englisch gut zurecht, aber wer ein paar lettische Wörter lernt, erntet Wertschätzung und oft ein Lächeln.
13. Europas breitester Wasserfall: Ventas Rumba
In der Kleinstadt Kuldīga rauscht ein Naturwunder, das selbst viele Europäer:innen nicht kennen: der Venta-Wasserfall, lettisch Ventas Rumba. Mit rund 249 Metern ist er der breiteste Wasserfall des Kontinents und im Frühjahr besonders spektakulär. Wenn die Lachse den Fluss hinaufwandern, versuchen sie, die Kaskaden mit wagemutigen Sprüngen zu überwinden. Schon seit Jahrhunderten lockt dieses Naturschauspiel Besucher:innen an.

14. Wie Lettland die Jeans mit erfand
Was wäre die Welt ohne Jeans? Kaum jemand weiß, dass die berühmte Denim-Hose auch lettische Wurzeln hat. Der aus Riga stammende Schneider Jacob W. Davis wanderte im 19. Jahrhundert in die USA aus und entwickelte dort gemeinsam mit dem Unternehmer Levi Strauss die erste Jeans. Seine Idee: Kupfernieten zur Verstärkung an stark beanspruchten Stellen. 1873 meldeten sie das Patent an und die Arbeitshose für Goldgräber:innen und Farmer:innen wurde zum globalen Modeklassiker. Lettland trägt also ein Stück Denim-Geschichte in sich.
15. Frauen an der Spitze: Lettlands Politik als Vorbild
Lettland nimmt in Sachen Gleichberechtigung eine besondere Rolle ein. Mehrmals stand bereits eine Frau an der Spitze der Regierung. Zuletzt Krišjānis Kariņš’ Nachfolgerin Evika Siliņa als Premierministerin. Auch im Parlament und in Ministerien sind Frauen überdurchschnittlich stark vertreten. Lettland gehört damit zu den Ländern in Europa, die eine hohe Beteiligung von Frauen in Führungspositionen erreicht haben. Dieses Selbstverständnis prägt nicht nur die Politik, sondern auch das gesellschaftliche Leben.
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