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Kolumne von Suzanna Alkotaish Teil 2

Ein Mann macht Seifenblasen vor einem Plakat mit den Worten "Bildung ist Nahrung für den Geist" Katja Heinemann | laif

Kolumnistin Suzanna Alkotaish: Wie ich als Kind von Europa träumte

  • Suzanna Alkotaish
  • Katja Heinemann | laif
  • Gütersloh
  • Juli 2017

Suzanna Alkotaish ist 27 Jahre alt, stammt aus Syrien und floh 2015 vor dem Krieg nach Deutschland. Die ausgebildete Journalistin bloggt für uns regelmäßig über ihre Erlebnisse in der neuen Heimat. Heute berichtet sie, wie sie schon vor vielen Jahren von Europa träumte.

Ich hatte immer die Hoffnung, dass der Krieg aufhören würde

Das nördliche Ufer des Mittelmeers – das ist der Traum von vielen arabischen Jugendlichen. Als ich ein Kind war, hörte ich immer von meiner Familie und meinen Verwandten, dass sie sich wünschten, nach Europa auszuwandern.

Immer träumte ich davon, dass ich nach Europa reisen, in Europa leben und an einer europäischen Universität studieren würde. Trotzdem absolvierte ich in Damaskus an der Universität mein Studium. Ich habe noch den Traum, weiter zu studieren und den Master an einer europäischen Universität zu machen.

Nach fünf Jahren Krieg in Syrien fand ich mich in Deutschland wieder. Ich hätte nie gedacht, dass ich mein Land wegen des Krieges verlassen müsste. Ich hatte immer die Hoffnung, dass er aufhören würde und wir wieder in unser Haus und in unserer Nachbarschaft leben würden. Doch der Krieg ist noch nicht zu Ende.  

Mit jedem Tag in Deutschland fange ich an, die helle Seite des Lebens zu sehen

Die Anfänge sind immer am schwierigsten. Aber mit jedem Tag in Deutschland, der vergeht, fange ich an, die helle Seite des Lebens zu sehen. Neue Türen öffnen sich, neue Beziehungen entstehen, neue Möglichkeiten für Studium und Job ergeben sich.

Meine Grundrechte als Mensch waren in Syrien nur ein Traum. In Deutschland sind sie Wirklichkeit für mich. Mein Gefühl ein würdiger und freier Mensch zu sein, hat mich geändert. Ich möchte ein ehrgeiziger  und verantwortlicher Mensch sein.

Ich bekam dieses Gefühl durch die Unterstützung der deutschen Regierung, meiner deutschen Mitmenschen und durch das Engagement vieler Zivilorganisationen, wie der Bertelsmann Stiftung.

Angesichts der riesigen Zahl von Menschen, die nach Europa kommen und deren Fotos in Medien und sozialen Netzwerken verbreitet werden, denke ich immer: Würden sie ihr Land verlassen, würden sie sich auf eine gefährliche Reisen begeben, wenn ihr Heimatland ihnen ihre Grundrechte garantieren würde? Oder hätte ich sonst überhaupt den Traum gehabt, als ich jünger war, das nördliche Ufer des Mittelmeeres zu erreichen?