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Der Wirtschaftsphilosoph Anders Indset
Interview
Thomas Gasparini

Wirtschaftsphilosoph Anders Indset: „Wir machen uns selbst zum Homo obsoletus“

  • Johannes von Dohnanyi
  • Thomas Gasparini
  • 30. November 2018

Technik und Digitalisierung zwingen uns dazu, Alltag und Berufsleben neu zu denken. Wie geht man mit dieser Entwicklung um? Im change Interview spricht der Wirtschaftsphilosoph Anders Indset über eine nötige Bewusstseinsrevolution, damit der Überfluss an Informationen und Impulsen nicht überhandnimmt.

Die Welt ist stetig im Wandel und das nicht erst seit gestern. Eine besondere Herausforderung steht uns heute trotzdem bevor: Die Fülle an Informationen, die uns täglich umgibt, kann schnell problematisch werden, meint Wirtschaftsphilosoph Anders Indset. Er spricht von einer Blabla-Gesellschaft, in der „die Menschen jedem medial verbreiteten Geschwätz glauben, wenn es nur oft genug wiederholt wird“.
 

Ein Porträt des Wirtschaftsphilosophen Anders Indset

Anders Indset

… gebürtiger Norweger und Wirtschaftsphilosoph, und lebt seit 20 Jahren in Frankfurt am Main. Anders Indset ist Autor, begehrter Keynote-Speaker, Gastlektor an führenden internationalen Business Schools, vertrauter Sparrings-Partner für CEOs und Politiker. Seine Ansätze der praktischen Philosophie vermitteln ein tiefes Verständnis über Trends von morgen. Anhand seiner 10 Postulate des Wandels erklärt er, wie man mit unserer schnelllebigen Zeit umgehen kann. In seiner Abschlussrede im Camp Q 2018 in Berlin, veranstaltet durch die Bertelsmann Stiftung, stellte er den Menschen in den Mittelpunkt der Wirtschaft.

change | Waren Gesellschaften – wie Unternehmen – nicht immer dem Wandel unterworfen?

Anders Indset | Früher entstand Wandel durch neue Technologien und neue – menschliche! – Autoritäten. Heute entwickeln sich von wenigen sogenannten Netokraten kontrollierte Algorithmen zu neuen Autoritäten. Der Mensch im direkten Wettbewerb mit Maschinen: Das ist eine völlig neue Ausgangssituation! 

Mit offenbar wenig erfreulichen Aussichten?

Vor allem ist die Ausgangslage absurd. Wir sind so frei wie nie zuvor, und dennoch müssen wir ständig gegen wirtschaftliche und politische Dogmen ankämpfen. Wir sind besser vernetzt denn je. Aber trotz 60 Milliarden WhatsApp-Nachrichten pro Tag sind wir verbunden in Einsamkeit.

Dieser Überfluss an Informationen und Impulsen, diese weltweit am schnellsten wachsende Sucht scheint uns also nicht glücklich zu machen. Ohne eine Bewusstseinsrevolution werden wir zu Dopamin-gesteuerten Junkies einer Wissensgesellschaft, die von einem uns nicht mehr verständlichen Algorithmus gesteuert wird. Wir machen uns selbst zum Homo obsoletus.

Der Wirtschaftsphilosoph Anders Indset

„Statt immer mehr Informationen braucht es Entschleunigung, damit wir die Dinge auch kritisch hinterfragen können.“

– Anders Indset, Wirtschaftsphilosoph


Und das war’s dann?

Auch wenn unsere Spezies für den Planeten nicht deterministisch ist: Ich rede nicht vom physischen Ende des Menschen. Aber wir brauchen neben der technologischen dringend auch eine Evolution des Menschen. Wir müssen uns endlich den großen philosophischen Fragen stellen: Wer sind wir? Und was wollen wir? Eine meiner Antworten ist: Wir sollten oder müssen nicht alles tun, wozu wir technologisch fähig sind! 


Wie kann man den Wandel aktiv mitgestalten?

In der Ausgabe 2/2018 des change Magazins erzählt Anders Indset weiter, wie wir die großen Herausforderungen unserer Zeit bewältigen können. 


Mehr dazu? Indset nahm zusammen mit vielen anderen Querdenkern am Camp Q 2018 in Berlin teil, einer Leadership-Konferenz, die von der Bertelsmann Stiftung veranstaltet wurde. Die nächste Veranstaltung findet am 10. April 2019 statt. Camp Q ist ein Teil des Projektes „Creating Corporate Cultures“, das Führungskräfte durch Executive Trainings bei der Entwicklung einer zukunftsfähigen Unternehmenskultur unterstützt.