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Femtech, Female Finance & Co.: Was brauchen Gründerinnen?

Eine Frau steht mit verschränkten Armen vor einem Fenster und schaut hinaus. Meeko Media - stock.adobe.com

Femtech, Female Finance & Co.: Warum Gründerinnen Unterstützung brauchen

  • Meeko Media - stock.adobe.com
  • 14. März 2024

Gründerinnen sind in der Start-up-Branche leider immer noch unterrepräsentiert. Auf ihre Ideen können wir aber nicht verzichten! Warum gründungswillige Frauen besondere Förderung brauchen – change erklärt’s.

Im Jahr 2021 sorgte eine Erfindung in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ für Aufregung: Zwei junge Gründer präsentierten das Konzept der „Pinky Gloves“, Plastikhandschuhe, die es Menstruierenden ermöglichen sollen, ihre Menstruationsartikel nach Gebrauch hygienisch zu entfernen und zu entsorgen. Obwohl ein Investor aus der Sendung den beiden jungen Männern 30.000 Euro Startkapital für ihre Idee geben wollte, ernteten sie nach der Sendung zu Recht einen Shitstorm und stellten die Produktion der „Pinky Gloves“ schließlich ein.
 


„Pinky Gloves“: Deshalb gab es einen Shitstorm

Viele Frauen empörten sich über die implizite Botschaft der „Pinky Gloves“: Die beiden Erfinder wollten mit der sexistischen These Geld verdienen, benutzte Menstruationsartikel seien unhygienisch und ihr Anblick für andere „eklig“. Außerdem seien die Plastikhandschuhe alles andere als nachhaltig.
 

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Gründerinnen und ihre Ideen braucht das Land  

Was lehrt uns der Fall „Pinky Gloves“? Erstens: Männer, die Menstruationsartikel für Frauen erfinden, sollten sich unbedingt mit ihrer Zielgruppe beraten, bevor sie damit an die Öffentlichkeit gehen. Zweitens: Wir brauchen mehr Gründerinnen, Frauen, die ihre Ideen, Projekte und Erfindungen zum Beispiel in Form von Start-ups realisieren können – in Bereichen wie Frauengesundheit und Femtech, aber auch in allen anderen Bereichen, in denen sie tolle Geschäftsideen haben.

An diesem Start-up-Klischee ist leider etwas Wahres dran

Denn nach wie vor fehlen weibliche und vielfältige Perspektiven in der Gründungsszene und damit in der gesamten Wirtschaft. Zwar ist der Anteil der Gründerinnen im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent gestiegen, dennoch liegt der Frauenanteil bei den Start-up-Gründungen in diesem Jahr bei eher schwachen 20,3 Prozent. Das Klischee vom männlichen BWL-Studi, der irgendwann ein Start-up gründet, stimmt also leider immer noch.
 

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Femtech: Diese Gründerinnen erobern die Frauengesundheit

Es gibt Frauen, die in Deutschland sehr erfolgreiche Start-ups gründen, zum Beispiel die Dänin Ida Tin. Sie gründete 2012 in Berlin die Zyklus-Tracking-App „Clue“ und gilt als Erfinderin des Begriffs „Femtech“. Oder Vittoria Brolis, Gründerin der Femtech-App „Hale“, eines Produktes, das Frauen mit chronischen Schmerzerkrankungen wie Endometriose helfen soll. Dass Femtech noch in den Kinderschuhen steckt und es viel mehr Menschen braucht, die sich in diesem Bereich engagieren, erklärt auch Hana Besbes, Investment Managerin bei Heal Capital, in ihrem Gastbeitrag für „Business Punk“.

Investment- und Anlagetipps für Frauen vom Robo-Advisor  

Aber auch abseits von Bereichen wie Frauengesundheit und Femtech gibt es einige erfolgreiche Start-ups, die von Frauen für Frauen gegründet wurden, zum Beispiel im Finanzbereich: Maria Mann hat mit „Financery“ einen Robo-Advisor gegründet, der sich speziell an Frauen als Zielgruppe richtet. Durch Investitionen in ETFs will sie ihre Kund:innen beim Vermögensaufbau unterstützen, denn gerade im Finanzbereich fühlen sich viele Frauen noch nicht wirklich zu Hause.
 

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Business Angels: Gebt Frauen Startkapital!

Das Stichwort „Investitionen“ führt uns zu einem weiteren Problem der Gründer:innenszene: Es gibt viel weniger weibliche als männliche Investor:innen in der Branche, was sich wiederum negativ auf die Gründerinnen selbst auswirkt, denn Studien zeigen, dass Frauen eher in die Start-ups von anderen Frauen investieren als Männer.

Frauen wenden sich in Finanzfragen eher an andere Frauen

Mit diesem Problem haben sich auch die Expert:innen der Bertelsmann Stiftung in der Studie „She’s got Wings“ beschäftigt, für die das Investmentverhalten weiblicher Business Angels analysiert wurde. Dabei zeigte sich, wie bereits in früheren Studien, dass Investorinnen ihr Geld eher in Start-ups von Gründerinnen investieren. Interessanterweise liegt dies aber nicht daran, dass sie diese Investments bevorzugen, sondern daran, dass Gründerinnen eher andere Frauen für Investments ansprechen.
 

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Große Zukunft: Die Gründerinnenszene steckt noch in den Kinderschuhen

Was die Studie sonst noch herausgefunden hat? Zum Beispiel dass Investorinnen und Gründerinnen bessere Netzwerke brauchen, in denen sie sich austauschen und Kontakte knüpfen können. Auch die gezielte Förderung von Investorinnen, zum Beispiel durch Trainingsangebote, ist noch ausbaufähig. Es wird also deutlich: Die Gründerinnenszene steht noch ganz am Anfang, und es gibt sehr viel Luft nach oben. Auf eine Zukunft ohne „Pinky Gloves“, aber dafür mit viel mehr Start-ups wie „Daye“, „Hale“ und „Financery“!

Die deutsche Wirtschaft steht vor großen Veränderungen: Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit muss vieles neu gedacht werden. Dafür brauchen wir dringend vielfältigere und weibliche Perspektiven. Mit Studien wie „She’s got Wings“ zeigen die Expert:innen der Bertelsmann Stiftung, wo wir noch viel verbessern können.